Ahnentafel reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück
Wenn am Wochenenden Hunderte von Familien im Gysenberg Erholung suchen und ihre Schritte am ‚Haus Kranenberg‘ vorbeilenken, ahnen die wenigsten, dass das Bauernhaus im Gysenberg in diesen Tagen genau hundert Jahre alt wird. Zwar hat es einen Anbau erhalten und dient — wie zur Zeit seiner Errichtung — längst nicht mehr landwirtschaftlichen Zwecken. Auch wird in einem kleinen Schuppen nebenan weder Leinen gewebt noch Obst gedörrt wie in früheren Jahrzehnten, doch könnte das Bauernhaus eine überaus lebendige Geschichte vom Werdegang Hernes aus dörflicher Idylle zur modernen Industriestadt erzählen. Eine Geschichte, deren Anfang bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht.
Aus dieser Zeit finden sich in Folianten und Urkunden aus Sammlungen des Emschertalmuseums und alteingesessener Herner Familien die ersten Erwähnungen des Namens Kranenberg.
Kranenberg heißt auch heute noch einer der höchsten Gipfel des Gysenbergs – wie einige andere Waldstücke und Äcker in Familienbesitz, aber jedermann für Spaziergänge und Erholung vom Alltagsbetrieb in der Großstadt zugänglich.
Als der Gysenberg 1927 Ankauf aus der Ebmasse der Grafen von Westerholt- Gysenberg. durch die Stadt Herne auf Initiative von Karl Hölkeskamp vom Privatpark zum öffentlichen Erholungsgelände avancierte, eröffneten die Kranenbergs in ihrem Bauernhaus das jetzige Ausflugslokal mit Tischen und Stühlen auf Rasen unter Obstbäumen.
Ausflugsziel für das ganze Ruhrgebiet
Im zweiten Weltkriege wäre das Bauernhaus beinahe zertrümmert worden. Artilleriegeschosse schlugen ein, ein Phosphorkanister krachte unmittelbar neben dem Gebäude zu, Boden, explodierte jedoch nicht. Eine alte Scheune barst unter dem Druck einer Luftmine, nicht jedoch ein spuchtiges Schweinehäuschen, das noch immer neben dem Bauernhaus steht, wie jenes in Fachwerkbauweise.
Bis zur Eröffnung des Cafes schöpften die Kranenbergs ihr eigenes Trinkwasser aus einer Quelle, die in die Küche mündete. Sie wuschen ihre Wäsche in einem dicht beim Bauernhaus gelegenen Weiher, der inzwischen nicht mehr existiert, genährt durch ein – noch vorhandenes – Rinnsal.
‚Noch vor wenigen Jahren hat es hier hin und wieder mal ein Reh, aber auch Füchse gegeben. Das ist vorbei, seit so viele Menschen den Gysenberg durchstreiften. Früher gehörte unser Anwesen einmal zu Dortmund. Von früher her haben wir unser Wegerecht behalten. Wo andere zu Fuß gehen müssen, dürfen wir noch mit Pferdefuhrwerk oder Auto durch den Gysenberg fahren‘, erinnert sich Frau Ottolie Kranenberg, Miteigentümerin.
Bauliche Veränderungen sind nicht vorgesehen. Und wenn das Lokal weiterhin Besucher aus dem ganzen Ruhrgebiet bis nach Dortmund und Essen anzieht, kann das idyllische und stabile Bauernhaus sicherlich noch weitere hundert Jahre überdauern.
Der Text wurde von Gerd Biedermann entdeckt und für das digitale Geschichtsbuch aufbereitet.
Quelle:
Westfälische Rundschau, Ausgabe Herne, 31.07.1967