Franz Hengsbach (geb. 10. September 1910 in Velmede, gest. 24. Januar 1991 in Essen) besuchte nach dem Abitur das Priesterseminar in Paderborn und wurde am 13. März 1937 zum Priester geweiht.
Im gleichen Monat trat er eine Stelle als Vikar in St. Marien in Herne-Baukau an. Hier lernte er das harte Leben der Bergleute vor Ort kennen. Die wenige freie Zeit nutzte er, um sein Theologiestudium mit dem Grad eines Doktors der Theologie abzuschließen.
Er erlebte mit „seinen Baukauern“ den Untergang des Dritten Reiches und verhandelte mit dem Kommandanten der einmarschierenden amerikanischen Truppen, um die Unversehrtheit der im Bunker Einsitzenden zu gewährleisten. Hengsbach verließ Baukau 1946.
Am 29. September 1957 wurde er in Paderborn zum Weihbischof ernannt. Als besondere Auszeichnung – gerade auch für seine seelsorgerisehe Tätigkeit im Revier – wurde seine Ernennung zum ersten Bischof des neugegründeten Ruhrbistums Essen im Jahre 1957 gewertet. Wegen seiner neunjährigen Arbeit für Bergleute und Industriearbeiter erlangte Franz Hengsbach den Ruf als Ruhrbischof.
Am 28. Juni 1988 berief ihn Papst Johannes Paul II. in das Kardinalskollegium.1
Im September 2023 informierte das Bistum Essen und Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck die Öffentlichkeit darüber, dass es gegen Franz Hengsbach Missbrauchsvorwürfe gibt, denen nachgegangen wird. In zwei Fällen soll es in den 1950er und 1960er Jahren zu sexuellen Übergriffen an minderjährige Frauen gekommen sein. Das Bistum Essen nannte die Übergriffe gravierend und betonte, nicht leichtfertig an die Öffentlichkeit gegangen zu sein. Mit den Worten „Sollten Sie selbst sexualisierte Gewalt durch Kardinal Hengsbach erlitten haben, dann wenden Sie sich bitte an die beauftragten Ansprechpersonen im Bistum Essen.“ appelierte Overbeck an potenzielle Opfer, sich zu melden.2
Ein Jahr nach dem Aufruf gab es weitere Meldungen über mögliche sexuelle Übergriffe. Als ein Ergebnis dieser Meldungen beauftragte das Ruhrbistum Essen im Oktober 2024 eine wissenschaftliche Aufarbeitung der „Causa Hengsbach“, die auf drei Jahre angelegt wurde. Kosten für Studie und ergänzender Biografie wurden mit ca. 785.000 € kalkuliert.3 Johannes Norpoth vom Betroffenenbeirat des Ruhrbistums Essen stellte klar, dass Hengsbach zweifellos viel Positives bewirkt habe, „aber keine noch so gute Tat darf als Make-up die hässliche Fratze des Missbrauchs übertünchen.“4
Durch Beschluss der Bezirksvertretung Herne-Mitte vom 30.11.2023 wurde die in Baukau liegende „Franz-Hengsbach-Straße“ in die Straße „Zu den Obstwiesen“ umbenannt.
Jürgen Hagen
Anmerkungen
- Herne – von Ackerstraße bis Zur-Nieden-Straße, Stadtgeschichte im Spiegel der Straßennamen, bearbeitet von Manfred Hildebrandt, Ralf Frensel, Jeannette Bodeux, Franz Heiserholt, Veröffentlichungen des Stadtarchivs Herne, Band 1, Herne 1997, Seite 223, Franz-Hengsbach-Straße. ↩︎
- Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 20. September 2023. ↩︎
- Missbrauchsstudie untersucht ganzes Leben von Kardinal Hengsbach. Letzter Zugriff: 22. Oktober 2024. ↩︎
- Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 22. Oktober 2024 ↩︎