Heinrich Knöll (Beigeordneter und Stadtbaurat)

Lebenslauf einer bedeutenden Herner Persönlichkeit

Geboren am 12.12.1876 in Heubach im Odenwald, Kreis Dieburg, Hessen, als Sohn des am 2.12.1876 verstorbenen Bäckermeisters Jakob Knöll.

Glaubensbekenntnis: evangelisch-lutherisch.

Ostern 1883 bis Ostern 1887: Besuch der Volksschule in Heubach.

18.4.1887 bis 10.3.1894: Besuch der Großherzoglichen Realschule in Groß-Umstadt. Abschluss. Mittlere Reife.

23.7.1895 bis 15.9.1898: Techniker und Bauaufseher-Aspirant beim Neubau von Kreisstraßen im Dienste des Kreises Erbach im Odenwald.

1.10.1898 bis 30.9.1899: Militärdienst in Darmstadt.

Wintersemester 1899 bis Sommersemester 1904: Besuch der Großherzoglichen Technischen Hochschule in Darmstadt.

24.8.1901 Ablegung der Reifeprüfung an der Großherzoglichen Oberrealschule in Darmstadt nach einjähriger Vorbereitung während des Hochschulstudiums.

28.10.1902 Ablegung der Vorprüfung für das Ingenieurfach.

29.10.1904 Ablegung der ersten Hauptprüfung für das Ingenieurbaufach.

15.11. bis 4.12.1904: Im Dienst der Neubauverwaltung des Kreises Marburg (Lahn) beschäftigt beim Eisenbahnbau Marburg-Dreihausen mit Trassierungsarbeiten für die geplante Weiterführung der Bahn bis Londorf.

1.12.1904: Ernennung zum Regierungsbauführer des Wasser- und Strassenbaufachs.

12.12.1904 bis 11.12.1906: Als Regierungsbauführer im hessischen Staats- Kreis- und Gemeindedienst.

2.7.1907: Ernennung zum Großherzoglichen Regierungsbaumeister.

18.7.1907 bis 22.3.1912: als Regierungsbaumeister im hessischen Staats- Kreis- und Gemeindedienst bei den Kreisämtern Bensheim, Gießen, Alsfeld und Worms am Rhein.

23.3.1912 bis 14.9.1919: als Vorsteher der Tiefbauverwaltung im Dienste der Stadt Elbing.

1.10.1912 als Magistratsbaurat in Elbing auf Lebenszeit angestellt.

1.4.1914 als Stadtbaurat für Tiefbau und Mitglied des Magistrats auf 12 Jahre gewählt.

Besondere Tätigkeiten:

  1. Der Neubau einer großen Anzahl Regen- und Schmutzwasserkanäle.
  2. Neupflasterung, Um- und Neubau zahlreicher Straßen und Plätze.
  3. Gärtnerische Umgestaltung mehrerer öffentlicher Straßen und Plätze.
  4. Bearbeitung einer Anzahl umfangreicher Bebauungspläne.
  5. Neuvermessung größerer Gebietsteile des Stadtkreises und Neubearbeitung der Stadtkarten.
  6. Ausbau des Kraffohlkanals als Großschiffahrtsweg zwischen Elbingfluß und Nogat (Abschrift aus dem Verwaltunqsbericht der Stadt Elbing 1913 – 1918. Seite 231. Verfasst und herausgegeben im Jahre 1920, nach seinem Ausscheiden.).
  7. Mitwirkung bei der Eingemeindung umfangreicher Teile des ehemaligen Elbinger Territoriums und bei Übernahme der Provinzialstraßen innerhalb des erweiterten Stadtgebietes (Vergl. Verwaltungsbericht der Stadt Elbing 1909-1912, Seite 6-16 u. 280-281.).
  8. Vorarbeiten für den geplanten Neubau einer Kläranlage, den Bau eines Industrie- und Handelshafens, den Neubau einer beweglichen Brücke über den Elbingfluß und die Begradigung des Elbingflusses (Zeugnis des früheren Oberbürgermeisters Dr. Merten vom 7.3.1934.).
  9. Heinrich Knöll, 1925, Archiv Heinz-Dieter Knöll

15.9.1919 bis 15.9.1931: als Beigeordneter und Stadtbaurat für die gesamte städtische Bauverwaltung im Dienste der Stadt Herne in Westfalen.

    Aufgaben in Herne:

    1. das Hochbauwesen (Neubau und Unterhaltung).
    2. das Tiefbauwesen (Kanalisation, Straßen- und Brückenbau, sowie die Emschergenossenschafts-Angelegenheiten.).
    3. die Baupolizei.
    4. der städtische Fuhrpark mit Straßenreinigung, Müll- und Fäkalienabfuhr.
    5. die Friedhöfe, Stadtwald und Stadtgarten, Stadtgärtnerei und öffentliche Anlagen.
    6. das Vermessungs- und Grundstücksamt.
    7. die Stadterweiterung, Bebauungspläne, Siedlungswesen und die Angelegenheiten des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk.
    8. die Hafenangelegenheiten, Straßenbauverträge, Enteignungssachen, sowie die Gebühren und Beiträge auf Grund des Kommunalabgaben- und Fluchtlieniengesetzes.
    9. die Bahnbau- Post- und Telegraphenangelegenheiten.

    Außerdem war er Mitglied des Magistrats, Vorsitzender, stellvertretender Vorsitzender oder Mitglied einer Anzahl städtischer Ausschüsse, gehörte ferner als Vertreter der Stadt Herne der Verbandsversammlung, dem volkswirtschaftlich-technischen Ausschuss und dem technischen Beirat des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk, den Aufsichtsräten der Hafenbetriebsgesellschaft Wanne-Herne G.m.b.H., der Westfälischen Strassenbahn G.m.b.H, in Gerthe und den Schlesichen Granitwerken A.G. in Jauer an, war Mitglied des Verwaltungsausschusses des Arbeitsamtes Herne und stellvertretender Vorsitzender des Verkehrsvereins Herne.

    Nebenamtlich war er vom 1.1.1921 bis 31.12. 1923 erster Geschäftsführer der Bergmannssiedlung Herne G.M.b.H, und Geschäftsführer der auf seine Veranlassung zur Wiederbelebung der Bauwirtschaft im Jahre 1922 unter Beteiligung der Stadt und der in Herne ansässigen Großindustrie gegründeten gemeinnützigen Baugesellschaft m.b.H.

    Karte Stadtwald Giesenberg, Städtisches Garten- und Friedhofsamt, 1928, Repro Stadtarchiv Herne

    Besondere Leistungen in Herne:

    1. Neubau und Umlegung einer sehr großen Anzahl Strassen- und Entwässerungskanäle.
    2. Neupflasterung, Um- und Neubau einer sehr großen Anzahl Straßen und Bürgersteige, darunter der Neubau einer Strecke Verbandsstraße, der zweigleisige Ausbau der meisten Hauptausfallstraßen, z.B. der Bochumer-, Bahnhof- und Strünkederstraße im Zuge der Provinzialstraße Bochum-Herne-Recklinghausen, der Wiescher- und der Mont-Cenis-Straße bis zur alten Stadtgrenze.
    3. Erweiterung von 4 städtischen Friedhöfen, Umwandlung von 3 alten konfessionellen Friedhöfen im Stadtinnern zu öffentlichen Anlagen, Aufschließung des Stadtwaldes Giesenberg und Neuanlage mehrerer öffentlicher Grün- und Schmuckplätze und Erweiterung der Stadtgärtnerei.
    4. Neubau des städtischen Fuhrparks und dessen Umstellung vom Pferde- zum Benzin- und elektrischen Betrieb .
    5. Einrichtung eines Notschlachthofes als erste Arbeit seiner hiesigen Tätigkeit, da vorher eine öffentliche Schlachthofanlage überhaupt nicht vorhanden war.
    6. Zusammenführung der bis zum Jahre 1921 an verschiedenen Stellen entstandenen 5 Straßenbahnlinien.
    7. Fluchtlinienmäßige Festlegung sämtlicher das Gebiet der Stadt Herne durchschneidenden Verbandsstrassen und Aufstellung einer großen Anzahl von Bebauungs- und Fluchtlinienplänen.
    8. Fluchtlinienmäßige Festlegung eines Verkehrsbandes für eine Schnellzugstrecke Bochum-Herne-Recklinghausen in der Nord-Süd-Richtung mit Turmbahnhof in Herne.
    9. Neubau der städtischen Sparkasse, des Versorgungshauses, Umbau und Erweiterung des städtischen Oberlyzeums (jetzt Realgymnasium), Neubau des Sommerbades und einer großen Anzahl städtischer Wohnungen. Neuanlage bzw. Umbau verschiedener ober- und unterirdischer Bedürfnisanstalten.
    10. Ankauf einer größeren Anzahl, für die Entwicklung der Stadt Herne erforderlicher Grundstücke.
    Vorladung des Beigeordneten und Stadtbaurats Heinrich Knöll durch das Polizei-Militärgericht in Recklinghausen, Archiv Heinz-Dieter Knöll

    Zu erwähnen ist noch, dass Heinrich Knöll am 15.2.1923 wegen Verweigerung von Befehlen der Besatzungstruppen verhaftet und von dem französischen Kriegsgericht zu einer Gefängnisstrafe von zwei Monaten, die er im Amtsgerichts-Gefängnis in Recklinghausen verbüßt hatte, sowie zu einer höheren Geldstrafe verurteilt wurde.

    Er bearbeitete das Buch ‚Deutschlands Städtebau. Herne in Westfalen‘, das im Dari-Verlag Berlin-Halensee 1928 herausgegeben wurde. Das Buch behandelt Hernes Geschichte und den architektonischen sowie den Planungsaufbau der Stadt.

    Nach seiner Pensionierung widmete Heinrich Knöll sich der Ahnenforschung und war dort in verschiedenen Gesellschaften tätig.

    Im Januar 1937 verlegte er seinen Wohnsitz von Herne nach Kassel, um dort näher an den Quellen für die Ahnenforschung zu sein.

    Heinrich Knöll starb am 19. Oktober 1958 im Alter von fast 82 Jahren.

    Heinz-Dieter Knöll, Enkel von Heinrich Knöll