Der Schauspieler Heinz (eigentlich: Heinrich Wilhelm) Rühmann (geb. 07. März 1902 in Essen, gest. 03.10.1994 in Berg/Starnberger See) lebte einige Jahre in Wanne.
Über diese Zeit schreibt Rühmann:
Mein Vater – wir sagten ‚Papa’ – hatte in Wanne die Bahnhofswirtschaft gepachtet. Sie war eine Goldgrube, wie mein Vater immer wieder erklärte. ‚Allein von den Automaten’, die er als einer der ersten zwischen dem Wartesaal der Ersten und Zweiten Klasse und dem für die Dritte und Vierte Klasse aufgestellt hatte, ‚könnten wir leben’. Auch muss die Küche meiner Mutter hervorragend gewesen sein, denn es gehörte ‚zum guten Ton’, Samstag abend oder Sonntag mittag zum Essen zu Rühmanns in die Bahnhofsgaststätte zu gehen.
Das genaue Zuzugsdatum der Familie Rühmann ist nicht bekannt, jedoch wird bereits 1906 der Bahnhofsrestaurateur Heinrich Rühmann im Adressbuch für die Ämter Wanne und Eickel erwähnt.
Heinz Rühmann besuchte das Realgymnasium der Ämter Wanne und Eickel, das heutige Gymnasium Eickel. Über seine schulischen Leistungen ist nichts überliefert. Wohl war Rühmann aber kein Kind von Traurigkeit, wie sein Brief an das Gymnasium Eickel zum 75jährigen Jubiläum der Schule beweist:
Heinz Rühmann 21-5-79
Mein altes Gymnasium „ich grüsse Dich.“
Damals wohnten wir auf dem Bahnhof
in Wanne und ein kleiner Junge als
Sextaner mit der bunten Mütze auf,
marschierte stolz durch die Fahrkarten-
sperre hindurch, die Strassen entlang,
an der Metzgerei Leeser vorbei, zu Dei-
nem mir unendlich gross erscheinenden Schulgebäude.
Auf dem Heimweg wurden Strassenschlachten
geliefert, ich trage heute noch eine
Narbe und nachmittags wurde im klei-
nen Bahnhofsgarten Schleuderball ge-
spielt und eine Lokomotive, die vorne
einen grossen Haken hatte, nahm den
Ball mit fort nach Gelsenkirchen, wo
wir ihn abholen durften.
Eine glücklich unbeschwerte Zeit mit
einer geliebten Mutter, die immer voll
Sorge war, umgeben von guten Freun-
den, die, wenn auch nicht alle, heute noch da sind.
Mein altes Gymnasium, so alt bist
Du gar nicht, etwas jünger als ich,
aus Dir kann noch was werden!
Ich grüsse Dich
Dein
Heinz Rühmann
Die frühere Haushaltshilfe der Rühmanns, Wilhelmine Mertens, erinnerte sich an die ersten Theaterauftritte, die der vierjährige Heinz unter der Regie seines Vaters absolvierte. Dieser holte seinen Sohn hin und wieder aus dem Bett und stellte ihn mitten unter die Gäste auf einen Stuhl. Klein-Rühmann sorgte dann für die weitere Unterhaltung. Unter dem Beifall der Gäste gab er Proben seines schauspielerischen Talentes ab und spielte Bilder nach, die er in Illustrierten fand. Rühmann selbst bezeichnete die Auftritte als Urszenen seiner Karriere.
In Wanne erwachte aber auch Rühmanns Leidenschaft für die Fliegerei. So berichtet er, dass er als Junge tagelang am Flugplatz Wanne-Herten, der zu Pfingsten 1912 eingeweiht wurde, ‚herumlungerte‘. ‚Ich war glücklich‘ so seine Erinnerung, ‚wenn ich bei Piloten und Mechanikern sein konnte, die immer an etwas herumbastelten. Es roch so schön nach Öl und Benzin. Später machte Rühmann den Flugschein und übernahm bei den Dreharbeiten zu dem Film ‚Quax der Bruchpilot‘ alle Flugszenen selbst, auch die Kunstflugszenen.
Aufgrund der persönlich guten wirtschaftlichen Situation pachtete das Ehepaar Rühmann 1913 das neu eröffnete Hotel Handelshof in Essen mit Cafes, Restaurants, einem Weinsalon und diversen anderen Geschäften. Hier übernahmen sie sich aber finanziell und zwei Jahre später mussten sie Bankrott anmelden. Die Ehe zerbrach und Heinrich Rühmann endete tragisch, er beendete sein Leben in Berlin.
Die Mutter musste mit einer knappen Witwenrente auskommen und zog mit den drei Kindern, nachdem ihr gesagt wurde, die Stadt sei die billigste in Deutschland, 1916 nach München.
Bekannt wurde Heinz Rühmann u.a. durch folgende Filme:
- Die Drei von der Tankstelle (1930),
- Bomben auf Monte Carlo (1931),
- Der Mann, der Sherlock Homes war (1937),
- Der Mustergatte (1937),
- Die Feuerzangenbowle (1944),
- Der Hauptmann von Köpenick (1956),
- Es geschah am helllichten Tag (1958),
- Ein Mann geht durch die Wand (1959),
- Der brave Soldat Schwejk (1960),
- Der Pfandleiher (1971).
Jürgen Hagen
Quellen:
- Stadtarchiv Herne, Dokumentationsbibliothek, Bestand Personen, Heinz Rühmann
- Herne – von Ackerstraße bis Zur-Nieden-Straße, Stadtgeschichte im Spiegel der Straßennamen, bearbeitet von Manfred Hildebrandt, Ralf Frensel, Jeannette Bodeux, Franz Heiserholt, Veröffentlichungen des Stadtarchivs Herne, Band 1, Herne 1997, Seiten 310 a und 310 b, Heinz-Rühmann-Platz
- Festschrift Gymnasium Eickel 1904-1979, Seiten 88 und 89