Kurt Edelhagen 1951 bester deutscher Big Bandleader – erste Big Band Deutschlands nach 1945 in Herne gegründet
Im Jahre 1951 wählten die Leserinnen und Leser von Deutschlands führender Jazz-Zeitung , dem Jazz-Podium, die besten ausländischen und deutschen Jazz-Musiker in den verschiedenen Sparten: Im Bereich der musikalischen Leitung eines Orchesters wählten die Jazzenthusiasten den Herner Kurt Edelhagen auf Platz eins.
Zu Beginn der fünfziger Jahre begann die beispiellose Karriere des Herner Jungen in der internationalen Musikszene. Im Jahre 1955 stellte die Presse nüchtern fest: „Kurt Edelhagen, Europas Bandleader Nr. 1“.
Der Leiter verschiedener Bigbands von internationalem Format war kein „Kölsche Jung“, wie viele Zeitgenossen annahmen. Die Wiege des Bandleader und Jazz-Professors stand in Herne, wo er am 05. Juni 1920 in Herne-Börnig geboren wurde.
„Schon während meines Schulbesuches erhielt ich durch meinen Vater Violin-und Klavierunterricht. Mein Vater war ein leidenschaftlicher Hobbymusiker, aber auch oft ein strenger Lehrer. Wenn Freunde auf der Strasse dem Fussball nachjagten, musste ich auf den schwarz-weißen Tasten üben. So manches Mal wäre ich lieber bei den Freunden gewesen…“ , erinnerte sich Kurt Edelhagen an seine musikalischen Anfänge in der Börniger Zechenkolonie.
Der Zweite Weltkrieg war gerade am 9. Mai 1945 durch den Sieg der Allierten Truppen über Hitler-Deutschland beendet. Viele Städte lagen unter den Trümmern der Vergangenheit. In Herne fanden vier junge Musiker zusammen, um in einem Cafe als Combo aufzuspielen. Das ehemalige „Central Cafe“ war von den englischen Besatzungstruppen besetzt und hieß in jenen Tagen „Battle Axe Club“. Nur englische Soldaten hatten Zutritt zu diesem Club, in dem auch der spätere Schlagzeuger der Edelhagen Bigband Bobby Schmidt als Dolmetscher arbeitete. Weiterhin engagierte Schmidt Artisten und Musiker für das Unterhaltungsprogramm des Soldatenclubs im Central Cafe. So knüpfte er wieder die Kontakte zu den ehemaligen Studienkollegen von Kurt Edelhagen, die er an der Essener Folkwang-Schule kennenlernte.
Am 11. Juni 1945 wurde dann in Herne die erste Big Band nach 1945 in Deutschland aus der Taufe gehoben. “ Diese Musik von Duke Ellington, Lionel Hampton und Armstrong war für uns so faszinierend, dass sie uns anregte und die Idee entstand, auch eine Big Band aufzubauen, was eigentlich genauso unglaublich war, wie ein Lottogewinn im ersten Rang, denn 1945 gab es keine Jazzmusiker in Deutschland. Eigentlich wollte ich Dirigent eines Synphonieorchesters werden, denn vor allem dieses Fach hatte ich auf der Folkwangschule in Essen studiert“ , beschreibt Kurt Edelhagen die Atmosphäre in jenen Tagen des Jahres 1945 in Herne.
Da die deutschen Zivilisten immer noch keinen Zutritt zum Central Cafe und der Jazzmusik bekamen, spielte Kurt Edelhagen mit seinem Orchester im Kino „Schauburg“ am 25. März 1946 zum ersten Mal vor deutschen Publikum. Der Erfolg im ausverkauften Haus übertraf die Hoffnung aller Optimisten: Am Ende der Veranstaltung brach das Publikum in rasendem Beifall aus. Dem Orchester Kurt Edelhagen gelang der öffentliche Durchbruch im Nachkriegsdeutschland.
Danach häuften sich die Engagements im Frankfurter Raum, nach dem der dortige Jazz-Club und der Soldatensender AFN Kurt Edelhagen massiv unterstüzten. Die weiteren Stationen des Herner Big Band Leader lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1949 erstes festes Engagement beim Bayerischen Rundfunk in Nürnberg, von 1952 bis 1957 Anstellung beim Südwestfunk, Wechsel zum Westdeutschen Rundfunk, von 1958 bis 1960 Dozent an der Kölner Musikhochschule, verschiedene Tourneen ins europäische Ausland, z.B. in die Sowjetunion, 1972 musikalischer Leiter der Olympischen Spiele in München, seit 1973 Träger des Bundesverdienstkreuzes. 1982 starb Kurt Edelhagen viel zu früh nach langer Krankheit im Alter von 61 Jahren.
Seinen Lebensweg kreuzten alle berühmten Jazzmusiker nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Jahre 1952 entsandte der Südwestfunk Kurt Edelhagen als Repräsentanten des deutschen Jazz zum legendären „Salon du Jazz“ nach Paris, dem glanzumwobenen europäischen Jazz-Festival in jenen Tagen. Dort spielten erstmalig in Europa Charlie Parker, Dizzy Gillespie, Max Roach, Kenny Clarke und Thelonius Monk. Über Paris nahmen die europäischen Musiker den neuen Trend, den Bebop, wahr.
Und über Paris nahmen die Amerikaner Kurt Edelhagen und seine perfekte Musik wahr. Die amerikanischen Fachleute überschlugen sich vor Begeisterung über den von Edelhagen gespielten Sound.
Ein Jahr nach seinem triumphalen Erfolg in Paris wurde der Herner Bandleader unfreiwillig zum Promoter eines der größten deutschen Showtalente. Im Herbst 1953 kam eines Abends ein junges Mädchen mit einer Gitarre zum Südwestfunk, um Kurt Edelhagen vorspielen zu können. Die Orchesterprobe war gerade beendet und die Musiker verspürten wenig Lust die Instrumente noch einmal auszupacken. Doch die Mühe lohnte sich: Edelhagen saß im Regieraum und hörte gespannt zu. Seine Entdeckung hieß Caterina Valente.
Norbert Kozicki
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