Als Willi Henkelmann 1927 bei der Motorrad-Europameisterschaft auf dem Nürburgring den Sieg holte, waren viele Menschen überrascht – war der Wanne-Eickeler bis dahin in der Motorsportwelt doch weitgehend unbekannt. Auf den Tag genau ein Jahr später starb der 29-Jährige auf seinem Motorrad. Über die Umstände gab es bis heute, 90 Jahre nach seinem Tod, verschiedene Angaben. Diese sind nunmehr – nach erneuten Recherchen – weitestgehend geklärt.
Henkelmann, geboren am 25. Februar 1899 in Münster, war Mitglied in einem dem A.D.A.C. angehörenden Motorsportclub mit Vereinssitz im Stadt-Café auf der Hindenburgstraße 206, der späteren Hauptstraße. Am 02. Juli 1927 startete der Nachwuchs-Motorradsportler Henkelmann mit seiner 175-Kubikmeter-DKW auf dem noch jungen Nürburgring über 14 Runden – und krönte sich über die Distanz von 396,2 Kilometern zum Europameister. In Wanne-Eickel wurde ihm ein großer Empfang bereitet, denn die noch junge Stadt bekam so einen ihrer ersten Helden.
Ein langes Leben hatte er nicht. Am 02. Juli 1928 war Henkelmann auf seinem Motorrad auf der Heimreise, nachdem er am Vortag bei dem Schleizer Dreieck-Rennen in Thüringen den zweiten Platz belegte. Damals war es nicht unüblich, mit seinem Wettbewerbsmotorrad zu den Rennen zu fahren und wieder heimzukehren – das wurde ihm zum Verhängnis. Henkelmann verunglückte tödlich.
Wie genau er starb, war bisher unklar. Als „Held“ konnte er natürlich nicht bei einem „normalen“ Unfall sterben – und so bildeten sich Mythen. Auch die Wanne-Eickeler Zeitung beteiligte sich daran und berichtete zunächst, dass Henkelmann bei einer Ehrenrunde verunglückt sei. Dann hieß es, er sei – als Zuschauer an der Strecke – von einem anderen Fahrzeug erfasst worden. Eine weitere Legende besagte, dass er auf dem Heimweg von einem Polizeifahrzeug angefahren und dabei umgekommen ist.
Nach Recherchen in den Stadtarchiven Münster, Schleiz und Herne konnten die Geschehnisse rekonstruiert werden:
Willi Henkelmann fuhr in Thüringen auf einem Verbindungsweg nahe dem Schleizer Dreieck gegen einen Telegrafenmast. Die Wucht des Aufpralls war so stark, dass der Motorradsportler etwa 15 Meter von der Telegrafenstange entfernt im Straßengraben aufgefunden wurde.
Seine Verletzungen waren schwer, er erlitt unter anderem einen Schädel- und einen Oberschenkelbruch. Der noch lebende Henkelmann wurde in das Schleizer Krankenhaus gebracht, wo er laut Sterbeeintrag des Schleizer Standesamtes um 07.30 Uhr verstarb.
Der Tod hatte viele Wanne-Eickeler betroffen gemacht. Henkelmann, der seine Leidenschaft für den Motorsport als Soldat entdeckt habe, galt als ein gerissener, zuverlässiger aber auch risikofreudiger Motorradsportler. In seiner kurzen Karriere fuhr er 110 Siege ein, darunter zwei Deutsche Meisterschaften und besagten Europameistertitel.
Beruflich arbeitete er als Mechaniker in der Motor- und Automobilabteilung der Wanne-Eickeler Firma Johann Huth. Privat galt Henkelmann als offen, bescheiden und optimistisch. Zu seinem Tod vor 90 Jahren kondolierten viele Menschen, darunter nicht nur der Chef und die Angestellten der Firma Johann Huth, sondern auch die Mitglieder des Motorsportclub Wanne-Eickel, die Zschpauer Motorenwerke, der Boxring „Schmeling“ Wanne-Eickel und der Bürger-Schützen-Verein Wanne-Eickel. Unter all den Todesanzeigen für den jungen Helden stach eine besonders hervor – die von Mia Schlicker, die den frühen Tod ihres Bräutigams beklagte.
Gedenken
Mitglieder des Motorclubs Wanne-Eickel e. V. machten sich im Juli 2018 auf den Weg nach Münster. Der Verein, der von den Mondrittern Wanne-Eickel in Erinnerung an Willi Henkelmann und dessen Mitgliedschaft im damaligen Motorradsportclub gegründet wurde, hatte die Gedenkstätte des Motorradfahrers zum Ziel.
Willi Henkelmann fand auf den Münsteraner Friedhof seine letzte Ruhestätte. Anlass für die Fahrt nach Münster war der Tod Henkelmanns vor 90 Jahren. Die Mitglieder des Motorclubs legten an der zentralen Gedenkstelle am Münsteraner Friedhof einen Kranz nieder. Das Grab von Willi Henkelmann existiert nicht mehr.
Reinhold Frank, Horst Schröder, September 2018
Quellen:
- Stadtarchiv Herne, Bestand Personen, Willi Henkelmann
- Stadtarchiv Münster, Bestand Personenstandsbücher, Geburtseintrag Willi Henkelmann
- Stadtarchiv Schleiz, Bestand Personenstandsbücher, Sterbeeintrag Willi Henkelmann; Zeitungsarchiv
- WAZ, Ausgabe Herne, 15.09.2018