Im Jahr 1972 beschleunigte sich die Entwicklung der Neugliederung erheblich, was sich in der Vielzahl von Arbeitsgruppen, Arbeitskreisen und Sitzungen der verschiedenen beteiligten Gremien festmachen lässt. Dazu kam die außerordentliche Fülle von Pressemeldungen, die anhaltend für eine Öffentlichkeit der Auseinandersetzungen sorgten. Ab Februar 1972 verdichtete sich für viele Beobachter der Neugliederungsdiskussionen der Eindruck, dass die Weichen für die Neugliederung des Ruhrgebietes gestellt seien. In der Sitzung der sogenannten „Zehner-Kommission“ vom 20. Januar 1972, bestehend aus sieben SPD-Abgeordneten und dreien der FDP unter dem Vorsitz des Innenministers Willi Weyer, hatte man sich auf das Eingemeindungsprinzip geeinigt und die Regelung der überörtlichen Verwaltung und damit auch ein Konzept für den Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (SVR), dem heutigen Regionalverband Ruhr (RVR), zurückgestellt. Viele erwarteten nun, dass es im Ruhrgebiet nur zu einem „Reförmchen“ mit geringen Korrekturen des bestehenden Zustandes käme. Ein Irrtum, wie sich herausstellte.
Am 15. März 1972 titelte die Westdeutsche Allgemeine Zeitung: „Zehnerclub lässt Ruhrstädte wieder um ihre Existenz zittern“. Weiter hieß es: „Das Reformmodell, das die Staatssekretäre Halstenberg und Stakemeier ausgearbeitet haben, hat in der SPD-Fraktion wie eine Bombe eingeschlagen. Es sieht vor, die Zahl der kreisfreien Städte im Revier von sechszehn auf acht zu halbieren, lässt aber neun, zehn oder elf Städte als Alternative offen.“
In kürzester Form stellt diese Aussage den Inhalt der Studie dar, die einem Städte- und Kreismodell den Vorzug gab. Die Untersuchung von Halstenberg und Stakemeier ging davon aus, dass im Ballungsraum Ruhrgebiet eine Einwohnerzahl von 200.000 als Untergrenze für eine funktionierende kommunale Selbstverwaltung anzusehen war. Demnach verloren alle bisher kreisfreien Städte ihre Kreisfreiheit, die nicht 200.000 Einwohner zählten, es sei denn, diese Untergrenze würde durch Zusammenschluss mit anderen Gemeinden erreicht.
Für neun Städte traf dieses Einwohnerkriterium zu. Herne und Wanne-Eickel gehörten dazu. Den Kern der Studie fand man in der dazugehörigen Karte. Dort konnte man die Grundvorschläge der Staatssekretäre finden. Der Vorschlag für die Emscherregion lautete: Wanne-Eickel, Herne und Wattenscheid werden zu Bochum kommen, Castrop-Rauxel und Henrichenburg wird Dortmund zugeschlagen, Recklinghausen wird in den Kreis Recklinghausen integriert, aus Bottrop, Gladbeck und Kirchhellen entsteht eine neue Stadt, umgangssprachlich „Glabotki“ genannt.
Jürgen Hagen, Erstveröffentlichung des ursprünglichen Textes: „Die Liebe aber kommt im Bett… – Die Geschichte der Städteehe von Herne und Wanne-Eickel“. Jürgen Hagen. In: „Der Emscherbrücher“ Band 17 (2016/17). Seite 40. Herausgegeben von der Gesellschaft für Heimatkunde Wanne-Eickel e. V. Herne 2016.