Der Bauernhof Wiesmann auf der westlichen Seite der Wiescherstraße

Bei diesem haben wir es mit einem besonders wertvollen Hof zu tun, denn er stellt sich uns in seiner sehr alten Schönheit vor. Von den Gebäuden der Katasterkarte ist zwar das an der Straße und am Teich verschwunden, die Scheune zwischen Wohnhaus und Straße ist 1903 durch Brand zerstört und in Backsteinfachwerk neu errichtet, auch das Gebäude an der Wohnhausecke ist nicht mehr da, dafür aber steht das hohe schmale Fachwerk-Stallgebäude noch da, ebenso das Backhaus im Hintergelände, die beide zwischen 1870 und 1886 gebaut wurden.

Das Schönste an dem sehr gepflegten und von der Wiescherstraße aus einen sehr gefälligen Eindruck machenden Gebäudekomplex ist aber das hier im Bilde wiedergegebene Wohnhaus.

Eine Inschrift auf dem Deelenbalken lautet ‚Wo Gott zum Haus nicht gibt seine Gunst, so arbeit jederman umsonst, wo Gott die Stadt nicht selbst bewacht, so ist umsonst der Wächter Macht. Henrich Wiszman Margreita Uhlenbruch den 16.Juni 1706‘. Hier haben wir also ein (auch durch die Altertümlichkeit der Sprache bestätigtes) Alter vor uns, das unseres Wissens von keinem anderen Herner Bauernhofgebäude erreicht wird. Damit stellt sich uns Wiesmanns Bauernhaus als das älteste des Stadtgebietes vor.

Hof Wiesmann, Repro Gerd Biedermann

Es zählt rund 230 Jahre und übertrifft damit das aus dem Jahre 1734 stammende Bauernhaus von Pantring in Pöppinghausen und das (ehemals) Hülsmannsche Fachwerkhaus an der Ecke der Rosenstraße und des Alten Markts. Über die Geschichte der Familie Wiesmann ist leider nicht mehr allzuviel zu sagen, da alle Familienpapiere vernichtet sind. Der Name hängt offenbar mit der schon eingangs gekennzeichneten wiesenreichen Umgebung zusammen, der auch die Wiescherstraße und die Flur ‚Wiescherfeld‘ ihre Bezeichnung verdanken, Wiesmann war der Mann in der Wiese. Darum ist auch sicherlich der im Märkischen Schatzbuch von 1486 genannte ‚Lambert up der Wyesch‘ Inhaber dieses Hofes gewesen. Jeder von ihnen zahlte 6 Gulden Steuern, wovon 3 Gulden schon bezahlt waren. Diese 6 Gulden waren der Höchstsatz, wodurch der Wiesmanns Hof als besonders wohlhabend charakterisiert ist.

Nach der Türkensteuerliste von 1542 zahlte ‚Wißman‘ aber nur einen Gulden, ‚Breylman‘ dagegen 1 1/2 und ‚Wosthoff‘ 2 Gulden. Die Feuerstättenliste von 1664 die einen ‚Johan Wyßman‘ aufzählt, verrät dass der Hof dem Herrn von Strünkede gehörte. Als Enkel der in der Balkeninschrift genannten Eheleute Henrich Wiszman und Margreita Uhlenbruch haben wir den 1748 geborenen und 1826 verstorbenen Johann Georg Wiesmann festgestellt, der seit 1779 mit Maria Cath. Gülicker aus Börnig verheiratet war. Der erstgeborene Sohn Johann Henrich (geb. 1780, gest 1827) übernahm später den Hof und heiratete Maria Althoff (gest. 1847) Als deren Enkel war zum Ausgang des vorigen Jahrhunderts Johann Heinrich Wiesmann Besitzer des Hofes, danach dessen Sohn Fritz Wiesmann und seit 1931 seine Schwester Frl. Else Wiesmann. Der Bauernhof wurde im Zweiten Weltkrieg vollständigt vernichtet.

Der Text wurde von Gerd Biedermann entdeckt und für das Digitale Geschichtsbuch aufbereitet.