Drei Jungfern und eine „Weiße Frau“ in Eickel

Das Schloss Dahlhausen soll ehemals mit Schloss Bönninghausen verbunden gewesen sein. Dies geht auf eine Sage zurück, und zwar soll im Eickeler Lohof, mitten im dichten Eichwald, ein tiefer Teich gelegen haben. An dessen Nordufer stand eine besonders mächtige, alte Eiche. Unter den weit ausladenden Ästen der Eiche hausten drei Schwestern. Zum Zeitvertreib spielten die Schwestern mit weißen Stäbchen, die sie auf den grünen Moosteppich warfen, aufmerksam betrachteten, aufnahmen und wieder hinwarfen. Außerdem pflegte und fütterte die älteste Schwester einen Wolfshund, die zweite einen Ziegenbock, die dritte eine Katze.

Haus Dahlhausen in Bochum-Hordel, Foto Stadtarchiv Herne
Haus Dahlhausen in Bochum-Hordel, Foto Stadtarchiv Herne

Eines Tages wurden die drei Schwestern aus ihrer Ruhe arg aufgeschreckt. Es waren heftige Axtschläge zu hören. Eines Morgens sahen sie sogar einen Mann, wie er mit seiner Axt eine Eiche schlug. Die Schwestern verbargen sich bald hier, bald dort im großen Wald, der aber schon sehr gelichtet war. Da wollten die drei Schwestern nicht mehr am kahlen Teich wohnen.

Sie beschlossen, siebenmal siebzig Ellen gen Sonnenuntergang zu ziehen und da zwölf Klafter tief in die Erde hinabzusteigen. Als dann Haus Bönninghausen gerade über ihnen erbaut wurde, ließen sie sich dadurch nicht weiter stören.

Da die Menschen vom Norden durch den Bau der Dorneburg und vom Süden durch den Bau von Haus Dahlhausen die Schwestern gestört und verängstigt und zur Aufgabe ihres schönen Wohnplatzes gezwungen hatten, wollten sie die Menschen in den Burgen im Norden und im Süden benachrichtigen, wenn sie ihren Bau auf immer verlassen mussten.

Dorneburg, um 1930, Foto Stadtarchiv Herne
Dorneburg, um 1930, Foto Stadtarchiv Herne

Die drei Schwestern gingen nur noch in den Nächten des Neumondes und des Vollmondes aus. Hatte die Schwester mit ihrer miauenden Katze die Burgräume durchwandelt,  starb die Gräfin oder eine Tochter des Grafen noch vor dem nächsten Neumond. Zeigte sich die zweite Schwester mit ihrem meckernden Ziegenbock in der Burg,  bedeutete das den Tod eines Sohnes des Grafen. Erschien aber die dritte Schwester mit ihrem heulenden Wolfshund,  musste vor dem nächsten Neumond der Burgherr selber sterben.

Der Weg aber, den die Schwestern von Haus Bönninghausen nach Haus Dahlhausen nahmen, hieß beim Volk der Jungfernweg.1 Als die Schwestern die letzten Burgherren abgerufen hatten, ward keine der Schwestern jemals wieder gesehen, wohl aber will man noch lange nachher das Heulen des Wolfshundes, das Meckern des Ziegenbocks und das Miauen einer Katze gehört haben.

Haus Bönninghausen, Foto Stadtarchiv Herne
Haus Bönninghausen, Foto Stadtarchiv Herne

Neben den drei Jungfern ging die „Weiße Frau“ auf Bönninghausen um, wie die Westfälische Rundschau 1957 berichtete.2 Die weiße Frau war eine junge knickrige Krämersfrau, die ihre Kundschaft betrog. Sie starb in den besten Lebensjahren, ihre Seele fand aber keine Ruhe. Nach Sonnenuntergang irrte sie in der damaligen sumpfigen Landschaft zwischen Eickel und Röhlinghausen umher und brachte abendlich Wanderer vom Weg ab, die dann in den Sumpf gerieten. Aber auch heute noch wird sie immer wieder mal im Eickeler Volksgarten und am Jungfernweg gesehen.3

Vorsicht ist also geboten!

Jürgen Hagen

Anmerkungen

  1. Herne – von Ackerstraße bis Zur-Nieden-Straße, Stadtgeschichte im Spiegel der Straßennamen, bearbeitet von Manfred Hildebrandt, Ralf Frensel, Jeannette Bodeux, Franz Heiserholt, Veröffentlichungen des Stadtarchivs Herne, Band 1, Herne 1997, Seiten 389 und 390, Jungfernweg ↩︎
  2. Westfälische Rundschau, Ausgabe Herne,  18.08.1957 ↩︎
  3. Stadtarchiv Herne, Dokumentationsbibliothek, Bestand Adelssitze, Bönninghausen, Dahlhausen, Dorneburg. ↩︎