Hofweistum

Rechtsverhältnisse zwischen Hofherrn und Hofmann (Oberhof – Unterhof) – nach Gustav Hegler, der Schulten Hof zu Eickel – Beitrag zur Kulturgeschichte der Heimat, Witten 1918 (Sonderabdruck aus dem Jahrbuch des Vereins für Orts- und Heimatkunde aus der Grafschaft Mark), XVII. (Stück), Urkunde Nr. 12, S. 35 ff.)

Das Hofweistum ist eine mittelalterliche Rechtssammlung, die die Rechtsverhältnisse zwischen Hofherren (Ständige Vertretung: der Schulte, Schultheiß, Kommissar) und Hofhörigen (Hofmannen) regelt. Es kann auch ein Vertrag sein. Beim jährlichen Hofgericht wurden Rechte und Pflichten repetiert und ggf. differenziert. Zum Hofgericht für die Klärung von Streitfragen aus dem Rechtsverhältnis Hofherr (Schulte) und Hofmann gehörten der Hofherr oder der Schulte sowie sieben gewählte Hofmannen (Hofgeschworene). Bei Anwesenheit des Hofherren hat der Schulte beratende Stimme.
Streit war dabei stets vorhanden, so dass manche Rechtsverträge auch schriftlich fortgeschrieben
wurden.

Hegler dokumentiert drei solcher Hofweistümer in zeitlicher Reihenfolge. Diesen Ausführungen liegt der mittlere Vertrag vom 12. August 1569 zugrunde, den der kaiserliche und öffentliche clevische Notar sowie Gerichtsschreiber des Amtes Bochum, August Keller, eigenhändig (manus propia; mpp.) ausgefertigt hat. (Grundsätzlich ist ein „Handbuch bäuerlicher Rechtsverhältnisse“ von einem
Dr. Sommer herausgegeben worden.) Die einzelnen Titel sind wahrscheinlich nach der Häufigkeit des Gebrauchs geschrieben worden, ich habe sie möglichst systematisiert.

  1. Die jährliche Pachtabgabe wird am St. Andreastag (30. November) fällig. Über die jeweilige Pachthöhe gibt es ein gemeinsames Verzeichnis bei den Akten (die wohl bei Hegler nicht dokumentiert sind).
  2. Am jährlichen Hofgerichtstag erhält der Hofherr (oder die Hofherren anteilig – das Anteilige war mal streitig!-) einen Goldgulden.
  3. Am St. Pantaleonstag (27. Juli) fällt für jede erwachsene Hofesperson (auch Knecht und Magd) als Zeichen der Hörigkeit zum Oberhof vor Sonnenuntergang der Zeugnispfennig an. Bei Terminüberschreitung fallen 3 Tornische an – gerechnet zu 3 Rader Albus (Weisspfennigen), die anderen Tages vom Hofherren gepfändet werden können; weitere Nachteile dürfen dem Säumigen nicht erwachsen.
  4. Kötter tragen nur die Hälfte der Hofeskosten.
  5. Die Hofhörigen leisten pro Jahr 8 Dienste, 4 bei Gras und 4 bei Stroh inklusive Verpflegung. Von Bede- (erbeten, jedoch freiwillig), Leib- und Nachtdiensten sind sie befreit. Bei anteiligem Eigentum muss den Hofesleuten vorher durch Boten angesagt werden, bei welchem Anteilseigner der Dienst zu verrichten ist.
  6. Im Fall, dass eine Person der Hofgemeinschaft ausgewechselt (Wesseling) werden soll, beträgt die Erlaubnisabgabe beim Reichsten 4 Thaler, beim Mittelsten 3 und beim Ärmsten 2 Thaler.
  7. Heirat (Orloff) innerhalb der Hofgemeinschaft bedarf der Erlaubnis des Hofherren. Als Abgabe sind vom Mann 3 Gulden und von der Frau 1 ½ Gulden zu entrichten – gerechnet in 24 Rader Albus (Weisspfennigen).
  8. Beim Tod des Hofmannes erhält (Erbteilung) der Hofherr das beste Pferd sowie die besten 2 Kühe und Ferkel. Beim Tod der Hofesfrau fallen das beste Kleid sowie die besten 2 Kühe und Ferkel an – oder der Wert dafür. Die (unbekannte) Heuerlingsregel bleibt bestehen.
  9. Beim Tod von Hofesleuten soll den Erben auf Antrag die Bestätigung (Handgewinnung) erteilt werden. Als Gebühr dafür fallen 6 alte Guldenschilde an (Gewinnbrief?).
  10. Pfändungen des Hofherren sind an das Hofgericht abzuliefern. Die 7 Hofesgeschworenen entscheiden über die Rechtmäßigkeit der Pfändung, die entweder zum Verkauf des Pfandes oder seiner Rückgabe führt. Die Nichtbefolgung einer Vorladung durch das Hofgericht / die Hofesgeschworenen wird mit 10 Albus (Weißpfennigen) bestraft.
  11. Ohne Einwilligung des Hofherren belastete Höfe, Übertragungen an Dritte sowie Verkäufe sind innerhalb einer Frist von 10 Jahren wieder in ihren vorherigen Stand zu versetzen.
  12. Wertminderungen (Entwertungen) eines Hofes werden gegenüber den Erben ausgeglichen.
  13. Appellationen (Rechtsmittel) eines im Rechtsstreit unterlegenen Hofmannes gehen zunächst an den Hofherren oder seinen Schulte, Schultheiß oder Kommissar. Zweite Instanz ist der gnädige Graf von der Mark und Herzog von Cleve.

Gleichwohl gingen die Diskussionen weiter … (in unserer Zeit gehen sie vor den entsprechenden Gerichten wegen hoher Belastung mit einigem Zeit- und Finanzbedarf weiter).

Frank Sichau

Audio-Zusammenfassung

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