Im Haus Bahnhofstraße 57-59 (heute Robert-Brauner-Platz 1) lebte Moritz Gans (1865 -1942), einer der angesehensten Repräsentanten der jüdischen Gemeinde in Herne.
Moritz Gans betrieb in diesem Wohn- und Geschäftshaus von 1896 bis 1938 ein „Warenhaus für Konfektion und Textilwaren“ und leitete ab 1901 als Vorsitzender die Geschicke der jüdischen Gemeinde. Unter seinem Vorsitz kam es zum Bau der Synagoge an der Schaeferstraße, die 1911 eingeweiht wurde. In den folgenden Jahren entwickelte sich dort ein selbstbewusstes und aktives Gemeindeleben. Während des Kaiserreiches und zu Beginn der Weimarer Republik war Moritz Gans außerdem als Liberaler Mitglied des Stadtrates und bekleidete eine Anzahl öffentlicher Ehrenämter.
Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 setzte zunehmend die Erniedrigung und Ausgrenzung der jüdischer Bürgerinnen und Bürger ein, die auch Moritz Gans im hohen Alter erleben musste. Nach der Reichspogromnacht vom 09 November auf den 10. November 1938 wurde sein Geschäft zwangsweise geschlossen. Ein Jahr später bestimmte die nationalsozialistische Stadtverwaltung sein Haus zum „Judenhaus“, in das jüdische Familien zwangseingewiesen wurden. Ab September 1941 wurde Moritz Gans dazu gezwungen, den Judenstern zu tragen. Er ging zuletzt kaum noch auf die Straße, um den öffentlichen Demütigungen zu entgehen.
Von hier – also mitten aus dem Zentrum der Stadt – begannen im Januar 1942 die Deportationen der Herner Juden in die Konzentrationslager. Moritz Gans musste das gewaltsame Ende seiner Gemeinde miterleben. Er verstarb am 23. April 1942, kurz bevor er in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert werden sollte.1|2
Jürgen Hagen
Anmerkungen
- Erinnerungsorte – Shoah-Denkmal. Zum Gedenken an die Opfer der Shoah aus Herne und Wanne-Eickel. Eine Dokumentation von Ralf Piorr. Herausgeber: Stadt Herne. Januar 2010. Seiten 20 und 21. ↩︎
- Stadtarchiv Herne. Bestand Jüdisches Leben in Herne und Wanne-Eickel. Jüdische Geschäfte: Warenhaus für Konfektion und Textilwaren Moritz Gans. ↩︎