Einst gab es über 40 Backbetriebe in Wanne-Eickel
Wo viele Menschen leben, die hart arbeiten, ist natürlich auch der Lebensmittelbedarf hoch. Kein Wunder also, dass mit Beginn der Industrialisierung auch der Brotverbrauch in Wanne-Eickel sprunghaft anstieg. Anfang des 20. Jahrhunderts reichten die bäuerlichen Backbetriebe bei weitem nicht mehr aus, um die Versorgung zu decken. In Wanne und Eickel gründeten sich die Brot- und Backfabriken wie etwa Ruwe an der Friedgrasstraße (1887), Hiesgen (1908) oder Timmerbrink (1911). Die anfangs noch recht kleinen Handwerksbetriebe fuhren ihre Backwaren mit den charakteristischen Pferdewagen zu ihrer Kundschaft.
Die Bäcker- und Konditoreninnung der Ämter Wanne und Eickel zählte im Jahr 1925 die erstaunliche Zahl von 104 Mitgliedern, die seit 1907 sogar eine eigene Krankenkasse unterhielten. Nahezu 40 Innungsmitglieder waren reine Backbetriebe. Bezogen auf die Einwohnerzahl stand Wanne-Eickel damit weit und breit einzigartig da und schmückte sich alsbald mit dem Attribut „Stadt des Brotes“. Im Deutschlandvergleich belegte Wanne-Eickel in der Brotproduktion einen respektablen vierten Platz.
Aloys Block beliefert die Bäckerei-Konditorei Dieckmann mit Dampf- Backwaren. Repro Stadtarchiv Herne Carl Brinker gründete sein Unternehmen im Jahr 1919. Bis 1997 produzierte die Firma in Wanne-Eickel, dann verlagerte sie ihren Sitz nach Herne ins Gewerbegebiet Friedrich der Große. Repro Stadtarchiv Herne Hiesgen ist die letzte Großbäckerei, die heute noch in Wanne-Eickel produziert. Repro Stadtarchiv Herne
Nach dem Zweiten Weltkrieg produzierten bald wieder neun Backfabriken in Wanne-Eickel, 1969 zählte man noch sechs Backfabriken sowie 38 backende Handwerksbetriebe. Heute bieten immerhin noch 15 Unternehmen in Wanne-Eickel eigene Backwaren, z.T. in Filialbetrieben. Von Großbäckereien gibt es nur noch zwei, von denen eine, nämlich Brinker, nach Herne gegangen ist. Hiesgen blieb und backt immer noch an der Gelsenkircher Straße.
Wolfgang Berke
Aus: Berke, Wolfgang, Das Buch zur Stadt Wanne-Eickel, Mythen, Kult, Rekorde: Eine Zeitreise durchs Herz des Ruhrgebiets, Das Buch mit der Website: www.wanne-eickel.info, 136 Seiten, Klartext Verlag, Essen 2002, Seiten 30 und 31, Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Wolfgang Berke