Das Lago im Revierpark Gysenberg startete als Wellenbad im Freien. Dann wurde angebaut. Die Besucher strömten.
Erst war es nur die Badezone, später das Activarium und schließlich die Therme Lago: Das Schwimmbad war von Anfang an der große Magnet im Revierpark Gysenberg. Und doch: Immer wieder musste das Bad im Laufe der Jahrzehnte erweitert werden. Das Freizeitverhalten der Menschen änderte sich, die Konkurrenz in den Nachbarstädten wuchs.
Ein Tag in dem Schwimmbad, in dieser neuen, schicken und großzügigen Anlage im Revierpark Gysenberg, mit all ihren Angeboten, das war in den 1970er Jahren etwas ganz Besonderes. Ein Besuch bedeutete ein bis dahin unbekanntes Freizeitvergnügen, aber auch eine Portion Abenteuer, ja Exotik. Das wird deutlich in einem Prospekt des Schwimmbads aus den 1970er Jahren. Besucher, so hieß es da, könnten sich „in die Fluten des Hallen-Wellenbades stürzen, die Haut unter Solarien bräunen lassen, in den Saunen den Poren Dampf machen, im Restaurant ein wenig schlemmen, in den Verweilecken ein Spielchen und vielleicht sogar einen kleinen Flirt wagen“.
10.000 Besucher kamen zur Einweihung in den Gysenberg
Los ging es vergleichsweise bescheiden. „Das Bäderangebot startete 1970 mit einem Wellenfreibad und einer Wasserfläche von rund 2.500 Quadratmetern“, berichtet Gerd Biedermann, Mitglied der Herner Geschichtsgruppe „Die Vier!“. Er kennt das Bad wie seine Westentasche: Seit 20 Jahren ist er Rettungsschwimmer im Gysenberg, und seit 15 Jahren führt er Schnuppertauchen durch. Eröffnet wurde die „Badezone“ zeitgleich mit der Einweihung des Revierparks Gysenberg. Die WAZ schrieb am 05. Juni 1970: „Zehntausend Besucher waren zum feierlichen Ereignis gekommen. Auf der Tribüne des Wellenbades trat man sich gegenseitig auf die Füße.“
Viel mehr als das Wellenbad gab es zunächst nicht, aber das reichte völlig: Ein Wellenbad – das war schon was! Und doch starteten kurz darauf die ersten Umbaumaßnahmen: „Schon 1971 wurden Teile der Umkleideräume zu Trimmräumen umgebaut“, sagt Biedermann. 1972 sei das Activarium entstanden: „Aus dem Freibad wurde ein überdachtes Spaßbad.“
Damit die Menschen das Wellenbad das ganze Jahr über nutzen können, wurde zunächst ein rund 60 Meter langes und bis zu 30 Meter langes „Ei“, eine Traglufthalle, über das Becken gestülpt. Konstruiert wurde sie von dem Herner Friedrich Schröder. „Mir hat damals keiner glauben wollen, dass ich ein Ding in solch‘ ungewöhnlicher Form nähen könnte“, sagte Schröder später zur WAZ. Auch nahmen Saunen und Solarien den Betrieb auf.
Natursole wurde regelmäßig aus Wanne-Eickel per Tanklastzug herangefahren
1978 wurde der Grundstein für die spätere Therme Lago gelegt: Ein Sole-Hallenbad kam hinzu. „Zweimal in der Woche wird ein Tanklastzug mit Natursole nach Herne rollen“, schrieb die WAZ im Januar 1978. Er lieferte Natursole aus dem Sol- und Thermalbad Wanne-Eickel in den Gysenberg. 1980 dann hatte die Traglufthalle ausgedient, eine „richtige“ Betonhalle wurde gebaut mit Platz unter anderem auch für Solarien und Verweilräumen, nicht zuletzt wurden die Saunen vergrößert.
„Im Laufe der nächsten Jahre folgten weitere Umbauten, Erweiterungen und Modernisierungen“, sagt Biedermann. So wurde unter anderem eine 112 Meter lange Wasserrutschbahn am Wellenbad eingebaut. „Alles halb so schlimm“, sagt Hernes Oberbürgermeister Willi Pohlmann, nachdem er sie als erster vor Publikum und Presse genutzt hatte. „Das Spaßbad hat Premiere“, titelte am Tag darauf die WAZ am 31. Juli 1989. Und: Im Freibad, erzählt Biedermann, habe man dazu das große Schwimmerbecken geteilt, dort sei ein Erlebnisbecken mit Wildwasserkanal, Liegemulden und Sprudeleinrichtungen entstanden. 1990 schließlich öffnete der Neubau der Gemeinschaftssauna mit einem FKK-Garten und ein Selbstbedienungsrestaurant unter Palmen.
Mitte der 1990er Jahre bekam das Bad dann seinen neuen Namen: Lago – Die Therme. „Eines blieb aber, nämlich regelmäßige Modernisierungen und Erweiterungen, um das Erlebnisbad weiterhin für die Bevölkerung attraktiv zu halten“, sagt das Mitglied der Geschichtsgruppe „Die Vier!“. 2001 wurde etwa die Saunalandschaft erneuert, die Zahlen der Saunen dabei von 13 auf 19 erhöht, zuletzt kamen unter anderem ein neuer Haupteingang, neue Umkleidekabinen, eine neue Außensauna und eine Textilsauna hinzu.
Viele Menschen kamen aus den Nachbarstädten
„Ausländer in HER zu Hause“, titelte die WAZ am 25. Juni 1973 und schrieb: „,Blechberge’ sprechen deutliche Sprache“. Anhand der Nummernschilder lasen die Verantwortlichen des Revierparks ab, dass bei schönem Wetter 20.000 Menschen in den Gysenberg strömten, 6.000 allein in die Badezone.
Der Revierpark, so die WAZ, sei „fest in der Hand der ,Ausländer’“ aus den Nachbarstädten Castrop, Wanne-Eickel, Bochum oder Recklinghausen.
Vor den Kassen des Badebereichs bildeten sich lange Schlangen. „Zur schnellen Abfertigung wurde die Aufstellung von Eintrittskarten-Automaten angedacht“, heißt es.
Michael Muscheid in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Herne1
Anmerkung
- Der Text wurde am 24.06.2020 in der Herner Lokalausgabe der WAZ erstveröffentlicht. ↩︎