Zur Bekämpfung der negativen Folgen des Bergbaus, also Schmutz, schlechte Luft, unzureichende Ernährung und Krankheiten, beschloss die Stadt Herne, in Constantin ein Licht- und Luftbad sowie eine Tagesheilstätte einzurichten.
Chronologie
1925
22. Juni 1925: Magistrat und Finanzkommission der Stadt Herne stimmen dem Antrag des Ortsausschusses der Arbeiterwohlfahrt auf Bewilligung eines zinslosen Darlehens in Höhe von 1000 Mark zur Errichtung eines Licht- und Luftbades für Kinder zu. Über die Aufnahme der Kinder habe das Gesundheitsamt – ohne Rücksicht auf die Konfession – zu entscheiden. Schließlich heißt es in dem Beschluss, dass die Stadt die Einrichtung in eigene Verwaltung übernimmt, falls es in Zukunft zweckmäßig und praktisch erscheine.
Am gleichen Tag lehnt die Stadtverordnetenversammlung Herne die Vorlage des Magistrats ab. Es werde von der Verwaltung bzw. vom Magistrat baldigst eine Vorlage erwartet, wonach die Stadt als solche ein Licht- und Luftbad errichtet.
August 1925: Das Licht- und Luftbad wird eröffnet. Auf dem Grundstück steht zunächst nur eine 30 Meter lange und 9 Meter breite Liegehalle mit anschließenden Brauseräumen.
Ein Jahr später wurde in diesem 270 qm großen Raum ein Speisesaal, der gleichzeitig als Tagesraum genutzt wurde, eine Küche mit Nebenräumen, ein Arztzimmer, eine Garderobe, Toiletten und Brausebäder abgeteilt. Es folgte die Errichtung einer Liegehalle von 35 Meter Länge und 4 Meter Breite.
15. Dezember 1925: Der Wohlfahrtsausschuss der Stadt Herne beschließt, nach dem Muster benachbarter Städte auch in Herne eine Tagesheilstätte für Lungenkranke zu errichten, und zwar im Anschluss an das bereits bestehende Licht- und Luftbad.
1926
01. Februar 1926: Die Stadtverordnetenversammlung lehnt den Antrag der Arbeiterwohlfahrt, Ortsausschuss Herne, auf Bewilligung eines Zuschusses in Höhe von 4.000 Mark für ihr neu errichtetes Licht- und Luftbad ab. Das Geld sollte für die Beschaffung von Liegestühlen und sonstigen Einrichtungsgegenständen verwendet werden. Begründung der Antragsablehnung: Bisher seien bereits Kosten in Höhe von 17.000 M entstanden. Zugleich beschließt die Finanzkommission aber, für die Zeit vom 01. Dezember bis 31. Mai 1926 für das bei der Sparkasse der Stadt Herne aufgenommene Darlehen in Höhe von 4.000 Mark die Zinsen – bei einem Zinssatz von 14 % jährlich – von 280 Mark zu übernehmen.
Der Herner Anzeiger berichtet am 02. Februar 1926: Das Licht- und Luftbad ist im August vorigen Jahres in Betrieb genommen worden und haben dort 200 Kinder 8 Wochen lang Aufnahme gefunden. Es ist beabsichtigt, das Licht- und Luftbad in diesem Jahre vom städtischen Gesundheitsamt zu übernehmen und es zu einer Tagesheilstätte für Lungenkranke auszubauen. Die Arbeiterwohlfahrt ist mit dieser Uebernahme einverstanden. Die Arbeiterwohlfahrt ist mit dieser Uebernahme einverstanden. Ueber die näheren Bedingungen sind jedoch Verhandlungen noch nicht geführt.
Im Herner Anzeiger kann man am 29. Mai 1926 lesen: Licht und Luftbad der Stadt Herne. Am 1. Juni 1926 wird das von der Stadtverwaltung Herne gepachtete Licht- und Luftbad in der Nähe der Kolonie Konstantin in Betrieb genommen. Unterernährte, skrofulöse (Anmerkung des Verfassers: Skrofulose = tuberkulöse Haut- und Lymphknotenerkranung bei Kindern), tuberkulose-verdächtige und tuberkulos-gefährdete Kinder im Alter von 6 – 14 Jahren können zur Teilnahme an den 6wöchigen Tageskuren im städt. Gesundheitsamt, Rathaus, Zimmer 126, angemeldet werden. Für die am 1. Juni 126 beginnnende Kur für Knaben werden ebenfalls noch Anmeldungen dortselbst entgegengenommen. Die Kurkosten sind mäßig gehalten.
Der Herner Anzeiger berichtete am 16. Juni 1926: Sitzung der städt. Finanzkommission am 14. Juni. Das Licht- und Luftbad der Arbeiterwohlfahrt ist von der Stadt gepachtet und soll in eine Tagesheilstätte für Lungenkranke umgewandelt werden. Die dafür erforderlichen Mittel werden bewilligt. Der Vorstand des Cäcilienstiftes in Lippspringe, dessen Mitglied die Stadt Herne ist, hat beschlossen, die Kinderheilstätte weiter auszubauen … .
28. Juni 1926: Die Stadtverordnetenversammlung beschließt, die Tagesheilstätte für Lungenkranke im Licht- und Luftbad der Arbeiterwohlfahrt, Ortsauschuss Herne, einzurichten und bewilligt die hierfür notwendigen Mittel vorläufig in Höhe von 10.000 Mark. In der Begründung heißt es, die Errichtung einer solchen Tagesheilstätte sei zur intensiven Bekämpfung der Lungentuberkulose und besonders zur Ausrottung der Seuchenherde unbedingt erforderlich. Die Landesversicherungsanstalten sowie die Krankenhäuser seien nicht in der Lage, die vielen Anträge auf Unterbringung in einer Heilstätte sofort zu erledigen. Die Kranken müssten daher oft 4 – 6 Wochen warten, bevor sie einberufen werden.
18. Oktober 1926: Die Stadtverordnetenversammlung beschließt den Erwerb der der Arbeiterwohlfahrt gehörenden Gebäude zu einem Preis, der durch den gerichtlich beeideten Sachverständigen, Bauunternehmer Franz Kraus in Herne, ermittelt und geschätzt werden solle. Ferner werde der Zahlung einer einmaligen Abfindung von 500 Mark für die Auflösung des Pachtverhältnisses an die Internationale Arbeiterhilfe sowie der Kostenübernahme für die Entsendung von 10 erholungsbedürftigen Kindern in das Kindererholungsheim Remscheid zugestimmt.
22. November 1926: Die Stadtverordnetenversammlung stimmt dem Erwerb der Gebäude der Arbeiterwohlfahrt einschließlich Inventar für das Licht- und Luftbad zum Gesamtkaufpreis von 20.000 Reichsmark zu.
1927
23. Mai 1927: Die Stadtverordnetenversammlung beschließt die Bereitstellung von 65.000 Reichsmark aus Anleihemitteln für bauliche Erweiterungen der Tagesheilstätte für Lungenkranke und des Licht- und Luftbades. Der Erweiterungsbau bestand aus Mittelbau und Seitenflügel. Er enthält Räume für Erwachsene, einen Speisesaal von 24 Meter Länge und 6,50 Meter Breite, eine große offene Liegehalle, eine große Terrasse, einen Anrichteraum, je ein Arzt- und Schwesternzimmer, Garderobe, Umkleide- und Brauseräume sowie eine Wohnung für den Aufseher. Der Gesamtbau hatte nun einen U-förmigen Grundriss.
24. Oktober 1927: Die Stadtverordnetenversammlung beschließt die Bereitstellung von weiteren 30.000 Reichsmark zur Durchführung von Erdarbeiten im Zuge der Erweiterung des Licht- und Luftbades. In der Begründung heißt es, dass in dieser Maßnahme 50 bis 60 Arbeiter beschäftigt werden können. Es sei beabsichtigt, „geeignete Leute, die aus der Erwerbslosen- und Krisenfürsorge ausscheiden, zu verwenden.“
11. November 1927: Der Magistrat der Stadt Herne stimmt dem Erwerb eines Grundstücks von der evangelischen Kirchengemeinde in Herne zu der Gesamtanlage der Tagesheilstätte zu, um „die Verbindung zwischen Tagesheilstätte und Giesenbergerwald herzustellen“.
Ende des Zweiten Weltkriegs: Licht- und Luftbad sowie Tagesheilstätte werden nach einem Brand nicht wieder aufgebaut.
1928 – 1932
1941
Die Tagesheilstätte wird bei einem Luftangriff getroffen und brennt ab. Nach dem Zweiten Weltkrieg werden das Licht- und Luftbad sowie die Tagesheilstätte nicht wieder aufgebaut.
Text: Stadtarchiv Herne1
Anmerkung
- Stadtarchiv Herne, Archivbibliothek, Ausstellungsdokumentationen, Leben gestern und heute in Constantin, 2005. ↩︎