Neben dem Amtshaus Wanne, dem späteren Wanner Rathaus stand ein Gebäude, in dem zu Zeiten des Ersten Weltkrieges ein Kriegswahrzeichen zum Benageln aufgestellt war.
Eine aus heutiger Sicht skurrile, jedoch effektive Form der Propaganda im Ersten Weltkrieg war das 1915 und 1916 in Mode gekommene Benageln eben jener Kriegswahrzeichen. Von Gemeinden und karitativen Organisationen, wie etwa Bürgerausschüsse oder vaterländische Frauenvereine, wurden aus Holz gefertigte Figuren (z. B. Ritter und Soldaten) beziehungsweise regionale und nationale Symbole (wie etwa Stadtwappen, Eiserne Kreuze, Säulen) aufgestellt.
Gegen Entrichtung einer Mindestspende durften die Menschen einen Nagel in diese Objekte schlagen. An den Nagelungen wurden alle Bevölkerungsschichten im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen mit feierlichem Charakter zur Teilnahme aufgerufen. Ein eiserner Nagel kostete 25 oder 50 Pfennige und konnte auch von denjenigen erworben werden, die zu anderen Kriegssammlungen wie z. B. ‚Gold gab ich für Eisen‘ nichts beitragen konnten. Die eingenommenen Gelder dienten zur Unterstützung von Kriegsopfern, wie Hinterbliebene und Verwundete. Dabei waren die Einnahmen nicht unbedingt entscheidend für den Erfolg der Nagelungen. Weit bedeutender war ihre propagandistische Wirkung, da sie den Patriotismus und das Gemeinschaftsgefühl der Menschen ansprachen und so zur Stärkung der ‚Heimatfront‘ beitrugen.
Auch in Herne und im damaligen Amt Wanne wurden Kriegswahrzeichen zum Benageln aufgestellt. Für den vor dem Herner Rathaus am 28. November 1915 eingeweihten ‚Eisernen Ritter von Strünkede‘ wurde eigens ein Lied komponiert – gedichtet und vertont vom ‚Barden‘ Dr. med. Kristel.
Ähnlich wie in Herne, wurde auch die Einweihung des Wanner Pendant am 16. April 1916 als ein gesellschaftliches Ereignis gefeiert. Das Kriegswahrzeichen, eine großformatige Kriegskarte mit dem Deutschen Reiche im Mittelpunkt, wurde vor dem Wanner Amtshaus enthüllt. Eine Woche später, an beiden Osterfeiertagen, wurden die Wanner, Eickeler und Röhlinghausener zu einer weiteren ‚Nagelung‘ aufgerufen. Die örtliche Presse bat die Bürgerschaft im Interesse des Hinterbliebenen-Fonds ‚recht fleißig zu nageln‘. Weiter hieß es: ‚Die kleinste Spende beträgt 50 Pfennige, ein Betrag den wohl jeder unter uns aufzubringen vermag. Es gilt das Wohl der Witwen und Waisen unserer Krieger! Darum ist die Parole: Auf zur Nagelung des Kriegswahrzeichens an beiden Ostertagen!‘ Die Anteilnahme war groß. Und auch die Freiwillige Feuerwehr Wanne zeigte sich patriotisch: Ende Mai 1916 traten die Mannschaften der einzelnen Abteilungen in voller Ausrüstung zur Nagelung an.
In der zweiten Hälfte des Jahres 1916 ebbte die ‚Nagel-Begeisterung‘ mehr und mehr ab, der preußische Innenminister verfügte gar im Dezember 1916 die Einstellung des Nagelns. Doch in vielen westfälischen Orten – so auch in Wanne – wurde noch bis 1918 weiter genagelt und gesammelt.
Der Eiserne Ritter von Strünkede ist – gut erhalten – ins Schloss Strünkede gekommen und kann dort in der Dauerausstellung des Emschertal-Museums besichtigt werden. Der Verbleib des Wanner Kriegswahrzeichens ist nicht bekannt.
Eines konnte aber noch herausgefunden werden: Bei der Kanone vor dem Wanner ‚Nagelhaus‘ handelt es sich um eine belgische Beutekanone.
Gerd Biedermann