Corona-Gedenkort in Börnig

Am 06. Mai 2022 wurde auf Initiative eines Börniger Heimatforschers und des Sodinger Bezirksbürgermeisters in Börnig ein Gedenkort eingeweiht, der an die Corona-Pandemie, die Ende Januar 2020 ihren Lauf in Deutschland nahm, erinnert.

Geschaffen wurde ein Ensemble, bestehend aus einer Linde, einem etwa 1,5 Tonnen schweren Findling, der an die Verstorbenen der Corona-Pandemie erinnert und einer Informationstafel.

Kurz vor der Einweihung wurde die Linde, die durch Spenden von etwa 550 bis 600 Menschen finanziert wurde, von Unbekannten angesägt, Stein und Informationstafel beschmierten die Täter mit Farbe. Die Schmierereien konnten noch vor der Einweihung entfernt werden. Der Baum jedoch war nicht zu retten. Durch starken Wind wurde der Stamm gebrochen und abgeknickt. Da ein politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden konnte, wurden Polizei und Staatsschutz eingeschaltet. Bis heute war nicht zu ermitteln, wer für die Tat verantwortlich zeichnete.

Die niedergestreckte Corona-Linde, Foto Jürgen Hagen, 15.05.2022

Am 13. Dezember 2022 schließlich wurde ein Ersatzbaum – eine Winterlinde – gepflanzt. Die Firma Stiller, Garten- und Landschaftsbau GmbH aus Eickel, die auch die ursprüngliche Linde gepflanzt hatte, spendete den Baum. Im Bereich des Corona-Gedenkortes wurde vom Fachbereich Stadtgrün der Stadt Herne eine Langgraswiese angelegt. Die Corona-Linde ist mit heimischen Straucharten halbkreisförmig umpflanzt. Die freistehende Linde bildet das Zentrum des kleinen freien Platzes, der durch frühjahrsblühende und fruchtbildende Sträucher eingefasst ist. Der Fachbereich sorgt auch für die gärtnerische Pflege des Gedenkortes.

Der behauptete historische Bezug zu der Pestepidemie 1636 und dem hieran erinnernden, in der Nähe liegenden Pest-Gedenkort, ist mindestens fragwürdig und wird zu einem späteren Zeitpunkt näher untersucht.

Lage des Corona-Gedenkortes in Börnig, bearbeiteter Kartenausschnitt, Fotoquelle Google Maps, 01.02.2023

Erster Corona-Gedenkort in Nordrhein-Westfalen?

Die Initiatoren sahen nicht nur – wegen der Nähe zum Börniger Pestkreuz und zur Pestlinde – eine „Einzigartigkeit“ des Börniger Corona-Gedenkortes, sondern erklärten, dass dieser der erste in Nordrhein-Westfalen sei. Zu einer seltsamen, den eigentlichen Intentionen nicht gerecht werdenden und unnötigen Deutungs-Hakelei kam es mit einer Essener Initiative, die in 2023 den ersten bundesweiten Corona-Denkort realisieren will. Der projektierte Denkort ist laut der Essener Verantwortlichen kein Denkmal. Es soll nicht gezeigt werden was war, sondern zeigen, was ist. Der Denkort soll einen aktuellen Bezug haben, da das Corona-Virus alle Menschen weiterhin begleiten wird. Bemerkenswert ist die mit Bedacht gewählte Lage des Denkortes zwischen einem Seniorenzentrum und einer Kindertagesstätte. Denn nach Dafürhalten der Essener Initiatoren sind nicht nur ältere Menschen, sondern auch Kinder große Opfer der Pandemie (Gleiches gilt nach Meinung des Verfassers für Jugendliche und Menschen in Pflegeberufen.).

Corona-Gedenkort mit neuer, am 13. Dezember 2022 gepflanzten Linde, Foto Jürgen Hagen, 11.01.2023

Hätten beide Parteien, deren jeweilige Corona-Erinnerungsarbeit anerkennenswert ist, über den eigenen Tellerrand geschaut, hätten Sie feststellen können, dass es mindestens eine Gemeinde in Nordrhein-Westfalen gibt, die schon 2021 einen Corona-Erinnerungsort eingeweiht hat. Dieser Ort zeichnet sich durch seine zentrale Lage und die Einbindung der gesamten Einwohnerschaft von Jung bis Alt aus – ohne Wettbewerbsdenken und ohne Überhöhungen in Tonalität und moralischer Verfasstheit. Eine mithin würdevolle und doch zeitgemäße Erinnerungsstätte, die laut einer Pressemitteilung der Gemeinde „zum Verweilen, zum Nachdenken und auch zum Trauern einlädt – zum Umgang mit dem oft schier Unbegreiflichen: einen Familienangehörigen, einen Freund, einen Nachbarn oder einen Bekannten an das Corona-Virus verloren zu haben. Dieser Ort soll an die Zeit erinnern, die alle Menschen eingeschränkt und verändert hat“.

Auch zur Geschichte der Corona-Erinnerungsorte ist zu einem späteren Zeitpunkt ein ausführlicher Artikel geplant. Als kleiner Spoiler zu dem wahrscheinlich ersten Corona-Erinnerungsort in Nordrhein-Westfalen sei verraten, dass unter anderem als Symbol der Hoffnung und der Begegnung drei Apfelbäume gepflanzt wurden.

Jürgen Hagen1

Auch interessant: Die Pest in Recklinghausen, Castrop- Rauxel sowie Herne und das Obercastroper Bokenbuch

Anmerkungen
  1. Quelle: Stadtarchiv Herne, Dokumentationsbibliothek, Denkmäler, Bürgerbaum „Corona-Linde“.[]