Der Sozialdemokrat Anton Wandzioch wurde am 12. Juni 1880 in Emilienhütte (Oberschlesien) geboren, er verstarb am 07. September 1931 in Wanne-Eickel. Er war verheiratet mit Anna geborene Hensel.
Wandzioch war der letzte Gemeindevorsteher von Röhlinghausen. Das Amt übte er vom 01. April 1919 bis zum 01. April 1926 aus. Nach Stadtwerdung von Wanne-Eickel am 01. April 1926 wurden die Geschäfte der neuen Stadt bis zur Wahl der ersten Stadtverordnetenversammlung von einer Überleitungskommission geführt, der auch Anton Wandzioch angehörte. In der Wahl zum Rat der neuen Stadt Wanne-Eickel wurde Wandzioch am 09. Mai 1926 zum Stadtverordneten gewählt. Das Amt übte er bis zum 17. November 1929 aus. Zur Stadtverordnetenwahl am 17. November 1929 ließ sich Anton Wandzioch nicht mehr aufstellen.
Biografie
Wenn ein Land einen Krieg verliert und seine Staatsform von einer Monarchie zu einer Republik wechselt, dann schaut man auf die Männer und Frauen, die diesen neuen Anfang gestaltet haben. Anton Wandzioch ist einer dieser Männer gewesen.
Sein Verdienst lässt sich nicht an großen Taten festmachen. Weil dieser Neubeginn die Behebung wirtschaftlicher Not und die Bewältigung politischer Unsicherheit erforderlich machte, erscheint im Nachhinein alles, was damals geschehen ist, als unspektakulär: Es gibt nichts Großes zu berichten, nichts wurde für die Ewigkeit gebaut. Erst wenn man über die geschichtliche Darstellung der Fakten hinaus versucht, sich alles bildhaft vorzustellen, erschließt sich diese organisatorische Leistung, das Chaos nach dem verlorenen Krieg zu ordnen und ein neues demokratisches Gemeinwesen aufzubauen.
Nach dem Ersten Weltkrieg beginnt ein Neuanfang in Deutschland. Demokratische Grundsätze werden verwirklicht: In der Gemeinde Röhlinghausen beschließen die Gemeindeverordneten am 11. Februar 1919 die Erhöhung der Zahl der Gemeindevertreter von fünf auf vierundzwanzig. In den folgenden Sitzungen werden zum ersten Mal die Reporter der Zeitungen zugelassen und es wird bekanntgegeben, dass „in Zukunft die Sitzungen der Gemeindevertretung öffentlich sein sollen“.
In der Bekanntmachung der vier zugelassenen Wahlvorschläge mit jeweils 24 Kandidaten fällt auf, dass im Gegensatz zu heute keine Parteien genannt werden, lediglich die Namen der „Spitzenkandidaten“ werden fett herausgehoben:
„Erster Wahlvorschlag [Sozialdemokratische Partei Deutschlands]:
1. Wandzioch Anton, Bergmann, Moltkestraße 33; 2. Hohmann Eduard, Berginvalide, Moltkestraße 28; 3. Neumann Paul, Lehrer, Kirchstraße 11; 4. […].
Zweiter Wahlvorschlag [Polenpartei]:
1. Wojciechowski Valentin, Kaufmann, Moltkestraße 5; 2. Kazmierski Johann, Bergmann, Violinstraße 25; 3. Machowiak Thomas, Bergmann, Bismarckstraße 8; 4. […].
Dritter Wahlvorschlag [Zentrum]:
1. Josef Günther, Wilhelmstraße 5, Bergmann; 2. Julius Moder, Wannerstraße 98, Gastwirt; 3. Josef Schulte, Bahnstraße 38, Rektor; 4. […].
Vierter Wahlvorschlag [Deutsche Volkspartei]:
1. Holm Dr., Theodor, Arzt, Bochumerstraße 65; 2. Fischer, Georg, Invalide, Rolandstraße 63; 3. Möller, Ernst, Bergmann, Marktplatz 13; 4. […].“
Am Sonntag, dem 23. Februar 1919 werden in Röhlinghausen 3.811 Stimmen abgegeben, was einer Wahlbeteiligung von 65 % entspricht. Die Sozialdemokratische Partei wird mit 1.233 Stimmen stärkste Partei und entsendet 8 Gemeindevertreter (Polenpartei 993 Stimmen, 6 Gemeindevertreter; Zentrum 839 Stimmen, 5 Gemeindevertreter; Deutsche Volkspartei 731 Stimmen, 5 Gemeindevertreter). Anton Wandzioch ist damit zum ersten Mal als Gemeindevertreter gewählt. Am 1. April findet die erste Sitzung der neuen Gemeindevertretung statt. „Nachdem der Gemeindevorsteher Göddenhoff sein Amt niedergelegt hat, wählt Gemeindevertretung den Bergmann Anton Wandzioch aus Röhlinghausen zum Gemeindevorsteher der Gemeinde Röhlinghausen auf sechs Jahre.“ Wandzioch nimmt die Wahl dankend an und erklärt, dass er seine ganze Kraft dem Wohl der Gemeinde widmen werde. Er sei sich der Schwierigkeiten in dieser schweren Zeit sehr wohl bewusst, wolle aber nicht den Mut verlieren. Er hob besonders hervor, dass praktische Arbeit geleistet werden müsse.
Durch den gemeinsamen Wahlvorschlag aller Parteien auf Platz 2 von vier Bewerbern gesetzt, wird er als Abgeordneter in den Kreistag des Landkreises Gelsenkirchen gewählt und ist Mitglied im Sparkassenvorstand und in der Schuldeputation sowie unbesoldeter Beigeordneter im Amt Wanne. Die Amtsversammlung Wanne beschließt am 11. Juli 1919, das Haus Heinrichstraße 25 als Verwaltungsstelle Röhlinghausen anzumieten. Im Herbst 1919 werden zwei Zimmer als Verwaltungsstelle, die restlichen Zimmer zu Wohnzwecken genutzt. Anton Wandzioch zieht in das Obergeschoss. Die Gemeindevertretung beschließt, ihn als Wohlfahrtspfleger anzustellen.
Er tritt sein Amt in einer schweren Zeit an, die den Übergang vom preußischen Obrigkeitsstaat zur demokratischen Republik bewältigen muss. Das Leben der Menschen in der Gemeinde Röhlinghausen wird bestimmt von der Bewältigung der Folgen des verlorenen Krieges: Hunger, Bekleidungs- und Wohnungsnot, Schiebereien und Schwarzmarktgeschäften, politischer Instabilität mit Radikalisierung von Links und Rechts. Der Gemeindevertretung und den Ausschüssen in Röhlinghausen werden vielfältige Aufgaben übertragen, durch Rationierung, Verteilung und Kontrollen die Mangelwirtschaft in den Griff zu bekommen.
Anton Wandzioch erlässt am 21. Oktober 1919 als Gemeindevorsteher eine bemerkenswert moralische Bekanntmachung in der Zeitung: „In letzter Zeit mehren sich die Diebstähle in unserer Gemeinde. Die gestohlenen Sachen werden von anderen Personen (Schieber) nach auswärts gebracht. Das so gewonnene Geld wird bei nächtlichen Gelagen in hiesigen und benachbarten Wirtschaften in Wein, Schnaps und Glücksspielen verprasst. Ist das Geld verjubelt, so geht man wieder auf Raub aus. Ich abe mich persönlich davon überzeugt, dass sich an diesen Gelagen mehrere Gesetzeshüter, einige Gastwirte und auch noch einige bis jetzt noch angesehene Bürger beteiligen. Es liegt mir nicht daran, irgend jemand ins Unglück zu stürzen. Es ist jedoch meine Pflicht, die ehrliche Bevölkerung vor Nachteil zu schützen. Es ist dieses die letzte Warnung an alle, die es angeht. Ich werde dafür sorgen, dass die Sicherheitsorgane, die ihre Pflicht verletzen, rücksichtslos entfernt werden. Gastwirte, welche Glücksspiele in ihren Lokalen dulden, oder sich an denselben beteiligen, wird die Konzession entzogen. Die Bürger, die daran beteiligt sind, werde ich an den Pranger stellen. Den ehr- und pflichtliebenden Teil der Bevölkerung bitte ich, mich in meinem Bestreben zu unterstützen, nur dann wird es möglich sein, diesem verwerflichen Treiben Einhalt zu tun.“
Die politische Lage ist instabil, ein Bürgerkrieg droht. Die gewählten Gemeindevertreter von Röhlinghausen müssen ihre Macht zeitweilig abgeben oder ihre Beschlüsse von anderen Mächten genehmigen lassen.
Kaiser Wilhelm II. dankt ab; am 11. November wird der Waffenstillstand geschlossen. Anfang November 1918 werden Arbeiter- und Soldatenräte (ASR) gebildet, die im Amt Wanne am 9. November die öffentliche Gewalt unter Mitkontrolle der Zivilverwaltung übernehmen; sie bestehen formell bis zum 1. März 1919. Es kommt zu Auseinandersetzungen und zu Schießereien mit Regierungstruppen. Die SPD setzte sich im ASR gegen die Vorstellungen der USPD und KPD durch.
Am 13. März 1920 putschen der Deutschnationale Politiker Kapp und General Littwitz gegen die sozialdemokratisch geführte Reichsregierung. Im Ruhrgebiet beschließen SPD, USPD, Gewerkschaften und KPD trotz aller politischen Differenzen den Generalstreik und rufen den bewaffneten Widerstand aus, welcher hauptsächlich von der bis zu 100.000 Mann starken Roten Ruhrarmee geführt wird. In den Gemeinden Wanne und Röhlinghausen übernimmt der Aktionsausschuss der drei sozialistischen Parteien die Exekutivgewalt. Amtshandlungen der Kommunal- und Polizeiverwaltung bedürfen seiner Genehmigung; er greift beratend in die Verhandlungen der Gemeindevertretung ein. Am 1. April 1920 wird der Kampf gegen die überlegenen Regierungstruppen abgebrochen, und am 3. April werden Wanne, Eickel und Röhlinghausen durch die Reichswehr besetzt. Die Soldaten ziehen Mitte des Monats wieder ab. Bei den Reichstagswahlen am 6. Juni 1920 steigt die Wahlbeteiligung in den fünf Wahlbezirken von Röhlinghausen auf 90 % und bringt folgendes Ergebnis: SPD 1.137, USPD 1.605, Kommunisten 154, Polenpartei 812, Zentrum 1.034, Deutsche Volkspartei 819, Deutsche Demokratische Partei 79, Deutschnationale Volkspartei 16 Stimmen. Die rechten Parteien haben Stimmen gewonnen, von der SPD haben sich die Stimmen zu den Unabhängigen Sozialisten verlagert.
Im Januar 1923 erfolgt die Besetzung des Ruhrgebietes durch Franzosen und Belgier. Am 16. Januar wird für das Amt Wanne der Belagerungszustand verkündet. Amtmann Weiberg protestiert dagegen, dass 1.800 Soldaten und 46 Offiziere auf Kosten der Bevölkerung einquartiert werden. Er wird wegen Nichtausführung eines militärischen Befehls verhaftet und zu drei Jahren Gefängnis sowie 8 Millionen Mark Geldstrafe verurteilt, jedoch aus dem Militärgefängnis im Dezember 1923 wegen Krankheit wieder entlassen. Er darf seine Dienstgeschäfte nach Beendigung der Kur am 3. März 1924 jedoch erst am 26. April wieder aufnehmen.
Der deutsche passive Widerstand führt zu blutigen Zusammenstößen. Am 19. Juni 1923 wird der Obsthändler Spies in Röhlinghausen von einem französischen Posten angeschossen und schwer verletzt, am 17. August der Schreiner Gustav Werner aus Röhlinghausen erschossen. Das tägliche Leben wird behindert: Nächtliche Verkehrssperren, besondere Verkehrsgenehmigung (Passstempel) und Mitte August kommt die Gasversorgung zum Erliegen, sodass Geschäfte früher schließen müssen.
Im Jahre 1921 beginnt eine spürbare Inflation, die am 15. November 1923 durch die Schaffung der Rentenmark endet. Die verstärkte Wirtschaftsnot durch die Inflation (2. Januar 1923: 1 Dollar = 7.260 Papiermark; 20. November: 1 Dollar = 4,2 Billionen Papiermark) führt zum Abbruch des passiven Widerstandes im September 1923. Im Januar 1924 rückt die französische Besatzung wieder ab, im Dezember 1924 verlassen die letzten Franzosen das Amt.
Die Gemeinderatswahl am 4. Mai 1924 ist „der Entscheidungstag“. Die Gemeindevertretung Röhlinghausen erhält in ihren 24 Sitzen ein völlig verändertes Verhältnis der Parteistärken: Kommunistische Partei 9 Sitze, Vereinigte Sozialdemokratische Partei Deutschlands 4 Sitze (mit Anton Wandzioch als Spitzenkandidaten), Zentrum 4 Sitze, Deutscher Ordnungsblock 4 Sitze, Mieterschutzverein 2 Sitze, Polenpartei 1 Sitz.
Am gleichen Tag findet auch die Wahl zur Amtsversammlung Wanne statt, in welche die Gemeinde Röhlinghausen 5 Vertreter schickte: Kommunistische Partei 2 Sitze, Vereinigte Sozialdemokratische Partei Deutschlands 1 Sitz (Anton Wandzioch), Zentrum 1 Sitz, Deutscher Ordnungsblock 1 Sitz. Anton Wandzioch wird mit 14 gegen 9 kommunistische Stimmen erneut zum Gemeindevorsteher gewählt und außerdem in folgende Ausschüsse: Wohlfahrtsausschuss, Schulausschuss der höheren Lehranstalten, Wahlausschuss der höheren Lehranstalten, Kuratorium der Berufsschule. Er wird Vorsitzender des Schulvorstandes der Bergmännischen Fortbildungsschule, Mitglied im Ausschuss für die Zuteilung von Freistellen an der Handels- und Haushaltungsschule Wanne, Mitglied im Ortsausschuss für Jugendpflege Röhlinghausen, Hauptausschuss, Bezirksvorsteher von 16 Röhlinghauser Armenpflegebezirken.
Die Wanner-Eickeler Zeitung schreibt dazu: „Das erfreuliche Ergebnis […] war jedenfalls die Wiederwahl des bisherigen Gemeindevorstehers, der sich als umsichtiger und die Gegensätze klug ausgleichender Mann auf seinem Posten erwiesen hatte. Der Gemeindevertretung wird noch so mancher Kampf bevorstehen […]“. In der Gemeinderatssitzung vom 16. März 1925 sagt Wandzioch: „Die Kommunisten benutzen ihre Stellung als Gemeindevertreter nur dazu, um gegen die Regierung und den heutigen Staat überhaupt Sturm zu laufen.“ Es werden regelmäßig Rededuelle ausgefochten, die bis zum Abbruch von Sitzungen führen. Die starke Stellung der Kommunisten zeigt sich auch bei der Reichspräsidentenwahl am 29. März 1925, in der sie im ersten Wahlgang in Röhlinghausen die meisten Stimmen erhalten (in Klammern die Ergebnisse der Reichstagswahl vom 7. Dezember 1924): Thälmann (Kommunisten) 1.557 (1.801), Marx (Zentrum) 1.429 (1.232), Jarres (Reichsblock) 1.243 (1.103), Braun (Sozialdemokraten) 1.226 (1.121) und drei weitere Kandidaten.
1925 war, wie schon das Jahr 1924, ein „Jahr der Enttäuschungen“. „Um in den dringendsten Notfällen helfen zu können, wenden wir uns an die gesamte Bürgerschaft mit der herzlichen Bitte um eine Weihnachtsnotspende. Helft alle denen, die unverschuldet hungern und frieren!“ lautet der Hilferuf von Anton Wandzioch im Dezember 1925 in der Zeitung. In den Jahren seit 1924 verstärkt die Gemeinde Röhlinghausen ihre Anstrengungen, Arbeitsplätze zu schaffen: Durch Straßenbau- und Notstandsarbeiten „werden einige Hundert unserer Erwerbslosen auf längere Zeit Arbeit und damit Brot erhalten“.
Der Bergbau im Ruhrgebiet ändert radikal sein Gesicht. Viele Kleinzechen werden geschlossen, Rationalisierung und Weltwirtschaftskrise lassen die Belegschaftszahlen von etwa 550.000 (1922) bis 1926 auf etwa 500.000, bis 1929 auf etwa 350.000 und bis 1932 auf 190.000 schrumpfen.
Bereits vor 1919 wurde im Röhlinghauser Eingemeindungsausschuss darüber diskutiert, mit den Gemeinden Wanne, Eickel, Hordel und Günnigfeld über Eingemeindungsfragen zu sprechen und eine Arbeitsgemeinschaft der fünf betroffenen Gemeinden gebildet. In der Amtsversammiung von Wanne im Festsaal des Lyzeums stellt Wandzioch dazu am 23. September 1919 fest: „Der Zusammenschluss an sich ist zweifellos von Nutzen. Dabei ist es doch sehr die Frage, ob solch große Gebilde, wie sie uns hier vorgeschlagen werden, Vorteile bringen.“ Er fragt deshalb Oberbürgermeister von Wedelstaedt der Stadt Gelsenkirchen, „ob er bereit ist, die Ausführung der Pläne der Gemeinde Röhlinghausen sicher zu stellen, als da sind: Ausbau der Straßenbahn durch die Heinrichstraße, Anlage der dringend benötigten Straßen, Einrichtung des Güterverkehrs“. Auch die „etwas selbstbewusster auftretende Stadt Bochum“ kann in einer Versammlung im Gemeindesaal Eickel durch ihren Oberbürgermeister Graff „keine bestimmte Zusicherung für die Zukunft machen“. Am gleichen Ort findet auch die Versammlung mit Herne statt, in der „Oberbürgermeister Dr. Sporleder es verstand, in recht geschickter Weise die dadurch gebotenen Vorteile auszunutzen. Dass er ferner immer den Begriff ‚Eingemeindung‘ vermied und dafür, wie es auch den tatsächlichen Verhältnissen mehr entspricht, nur von ‚Zusammenschluss bzw. Vereinigung‘ redete, war ebenfalls nicht übel. [..] Der allgemeine Eindruck war der, dass zurzeit eine Vereinigung mit Herne noch nicht reif ist.“ Zumal aus den Äußerungen Dr. Sporleders deutlich hervorgeht, „dass man im jetzigen Herne den Mittelpunkt der ganzen Stadtregierung zu behalten wünscht.“
So schließt der Berichterstatter der Zeitung mit dem Satz: „Nicht nach Gelsenkirchen, nicht nach Bochum und schließlich auch nicht nach Herne wollen wir uns wenden, sondern die eigene Selbständigkeit wahren!“ Weitere Eingemeindungsversuche enden am 5. September 1920 mit einer öffentlichen Volksversammlung, in der einstimmig ohne Widerspruch folgende Entschließung angenommen wird: „Die Einwohner von Röhlinghausen […] lehnen die Anträge der Städte Bochum, Gelsenkirchen und Herne ab. Sie erwarten von der Gemeindeverwaltung baldigst den endgültigen Beschluss für die Vereinigung zu einem Siedlungsstadtgebilde.“ 1920 beschließt die Gemeindevertretung Röhlinghausen einstimmig, sich mit den Gemeinden Wanne und Eickel zu vereinigen. Erst nach weiteren langwierigen Verhandlungen ist man „nach Jahrzehnten am Ziel“. Die Ämter Wanne und Eickel werden aufgelöst und bilden zum 1. April 1926 die von ihnen so herbeigewünschte neue kreisfreie Stadt Wanne-Eickel. Die Gemeinde Röhlinghausen verliert ihre Selbstständigkeit, die Gemeindevertretung wird vom Rat der neuen Stadt wahrgenommen.
Die Geschäfte der neuen Stadt werden für die Zeit vom 1. April 1926 bis zur Neuwahl der Stadtverordnetenversammlung von einer Überleitungskommission geführt, der auch Anton Wandzioch angehört. Auf einer öffentlichen Wahlversammlung gibt er „einen Überblick über seine vom Jahre 1919 währende Amtsdauer und hob besonders die Verdienste und Anregungen seiner Partei hervor“.
In der Wahl zum Rat der neuen Stadt Wanne-Eickel wird Wandzioch am 9. Mai 1926 zum Stadtverordneten gewählt. Die sozialistisch eingestellte Linke (SPD = 5, Polenpartei = 2, Kriegs- und Arbeitsopfer = 4, KPD = 11) erringt 22 Sitze, die bürgerlichen Parteien (Demokratische Partei = 1, Evangelisch-Soziale Vereinigung und Ostmärkerbund = 2, Deutschnationale Volkspartei = 2, Deutsche Volkspartei = 6, Kommunale Interessengemeinschaft = 1, Wirtschaftliche Arbeitsvereinigung = 2, Zentrum = 12) erringen 26 Sitze. Die Wahlbeteiligung liegt bei mäßigen 67,56 %.
Anton Wandzioch war auf Platz drei der Liste der Wahlvorschläge der Sozialdemokraten gesetzt worden und ist nun neben zwei Wanner und zwei Eickeler Sozialdemokraten der einzige Röhlinghauser sozialdemokratische Stadtverordnete. Er ist Mitglied im Hauptausschuss, stellvertretendes Mitglied im Grundwert- und Gewerbeausschuss, im Vorstand der Molkerei Emden, Mitglied der Stadtverordnetenversammlung zur Teilnahme an den Kassenrevisionen, Mitglied im Ausschuss zur Prüfung der Miethöhe und im Sparkassenvorstand. In der Stadtverordnetenversammiung liegt sein Schwerpunkt im sozialen Bereich, in dem er „am Ufer des Hüllermühlenbaches eine Einzäunung“ zum Schutz der spielenden Kinder beantragt und zur Schülerunfallversicherung spricht. Aber auch zu Haushaltsfragen spricht er „für die Fraktion der Sozialdemokraten [..] zu den Deckungsvorschlägen. Er wandte sich sehr geschickt gegen die Agitationsmanöver der KPD und der Wirtschaftsgruppe.“
Er ist weiter als Wohlfahrtspfleger bei der Stadt angestellt. Wanne-Eickel hat 1928 „den höchsten Durchschnittssatz der Wohlfahrtsausgaben unter allen Nachbarstädten“. Die Heinrichstraße in Röhlinghausen wurde am 28. April 1926 umbenannt und neu nummeriert, sodass er jetzt in der Verwaltungsstelle Bochumer Straße 207 arbeitet. Dieses Haus steht heute noch als Edmund-Weber-Straße 207. Er wohnt in dem städtischen Haus Bochumer Straße 245 und zieht Anfang 1929 in das Haus Auf der Wilbe 48.
Zur Stadtverordnetenwahl am 17. November 1929 lässt sich Anton Wandzioch nicht mehr aufstellen. Er wird von der Stadtverordnetenversammlung am 6. Februar 1930 jedoch wieder in den Vorstand der Molkerei Emden und in den Stadtausschuss gewählt.
Anton Wandzioch stirbt am 7. September 1931 in Wanne-Eickel an einem Herzschlag. Oberbürgermeister Kiwit schreibt in dem Nachruf: „Der Verstorbene hat die ihm gestellten Aufgaben stets mit großer Treue und Gewissenhaftigkeit verwaltet. Als Gemeindevorsteher von Röhlinghausen hat er sich durch die besondere Vertretung der Interessen dieser Gemeinde und ihrer Bewohner, besonders auch in den Zeiten politischer und wirtschaftlicher Schwierigkeiten, die Zufriedenheit weitester Bevölkerungskreise erworben.”
Anton Wandzioch wird zum ersten Mal erwähnt im Adressbuch für die Amter Wanne und Eickel von 1911 als „Wandziok, Anton, Hauer, RoonstraBe 23“. Die RoonstraBe wird im Jahre 1926 in Rheinische Straße umbenannt. Ab 1904 entstehen hier Häuser für die Magdeburger Bergwerks-AG, Zeche Königsgrube. Anton Wandzioch könnte Bergmann auf der Zeche Königsgrube gewesen sein, jedoch sind dort heute keine Personalunterlagen vorhanden.
Er war seit dem 3. März 1905 verheiratet mit Anna Hensel, geboren am 23. Mai 1885 in Eickel. Auch Anna Wandzioch ist politisch aktiv. In der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung der neuen Stadt Wanne-Eickel im Jahre 1926 steht sie auf Platz 28 von 48 Wahlvorschlägen der SPD. Ob das Ehepaar Kinder hatte, ist nicht festzustellen, jedoch ist im Adressbuch von 1939 ein E. Wandzioch erwähnt. Nach dem Tod von Anton Wandzioch zieht seine Witwe mehrfach um, zuletzt kurz vor ihrem Tod am 10. Januar 1974 in ein Altersheim in Wattenscheid.
Ralf Frensel, Stadtarchiv Herne, Mai 1999