Hof Schulte-Altedorneburg in Eickel

Der recht alte und recht große Hof lag mitten hinter dem Kernbestand (den Bahnanschlussgleisen) des früheren Bergwerks General Blumenthal XI / Shamrock 3/4, das sich an der Kastanienallee befand – heute Ansiedlungsgebiet Blumenthal für Gewerbe und Industrie. Wege verbanden den Hof mit der Dorstener Straße, der Bielefelder Straße (Auf der Buxel gleich: (zum) Hof im Schutz der Wallhecke), der Ackerstraße sowie der heutigen Sennestraße – sie gingen durch die ausgedehnten Ländereien des
Bauernhofes.

Der Hof bestand seit Mitte des 12. Jahrhunderts (ca. 1150) und wurde 1918 durch Amalie Schulte-Altedorneburg geb. Göddenhoff, der Witwe des letzten Bauern Wilhelm Schulte-Altedorneburg, aufgegeben – im Stadtplan von 1925 war davon nichts mehr zu sehen.

Plan von Wanne-Eickel, 1925 – Ausschnitt

Die Witwe verkaufte den Hof mit Wohnhaus, Stallung und Scheune, Backhaus, Schuppen (Remise) sowie die verbliebenen Ländereien an die frühere Hibernia AG (Zeche Shamrock 3/4 von 1890), die heutige Wanne-Herner Eisenbahn und Hafen GmbH und an die ehemalige Stadt Wanne-Eickel. Der Hof selbst war hufeisenförmig von einem im Süden geöffneten Wassergraben umgeben.

Damit ist ein klassisches Beispiel dafür gegeben, wie Bauernhöfe mit der Zeit dem Bedarf der Industriegesellschaft wichen: dem Bergbau, der Schieneninfrastruktur (Bahn und WHE) sowie der Komunalgemeinde insbesondere für öffentliche Einrichtungen. Dazwischen liegt nun eine fast 770-jährige bäuerliche Familiengeschichte von der Feudal- bis zur Industriegesellschaft.

Begonnen hatte alles um 1150 mit der Ansiedlung eines Bauern im oder in der Nähe eines durch Dornengebüsch geschützten Areals (frühere Bauernburg für Kriegszeiten bei den Brukterern um 770), nach dem er sich nannte: Dornburg. Etwas später um 1180 kamen die Adeligen des Hauses Dorneburg hinzu, so dass er sich Altedorneburg und im weiteren zur besseren Unterscheidung vom adeligen Haus Dorneburg Schulte-Altedorneburg nannte. Dieses war nur eine zusätzliche Namensbezeichnung, die größeren Höfen zugebilligt wurde.

Der Hof war mit 25 weiteren Höfen ein feudaler Unterhof (nicht leibeigen) des Oberhofes Eickel (Schultenhof) der Herren von Eickel und ihm abgabe- und dienstpflichtig; die Herren von Eickel waren dabei Pächter des Abtes von St. Pantaleon in Köln, der den Oberhof 1085 käuflich erworben hatte. Die Abgabepflichten waren im „Hofweistum“ festgelegt, das als Abschrift aus dem 16. Jahrhundert vorliegt. Diese ist z.B. bei Gustav Hegler in seiner „Geschichte des Schultenhofes von Eickel“ aus 1918 dokumentiert.

In einer Urkunde von 1225 wird ca. 75 Jahre und etwa 3 Generationen später mit Bertholdus in Dhorenburg als erster ein Aufsitzer der Hofstelle mit Vornamen genannt. Im 15. Jahrhundert (ca. 1420) verpachtete der Abt von St. Pantaleon den Oberhof Eickel an beide Linien der Eickeler zur Hälfte, was mit zusätzlichem Aufwand für die Unterhöfe verbunden war (Eine Linie hatte ihren Rittersitz auf Haus Gosewinkel, die andere auf Haus Horst – Hörstgen -, dann – ab 1441 – auf Haus Crange, der Schultenhof als Oberhof war unterverpachtet und Burg Eickel / Haus Berg war ebenfalls verpachtet.).

Der Hof Schulte-Altedorneburg in Eickel, Übersichtshandriß, Juli 1823 – Ausschnitt

Mehr als 250 Jahre später wird 1486 Albert Schulte ter Alden Dornenberg urkundlich im bekannten Schatzbuch der Grafschaft Mark zur Erhebung einer ersten Landessteuer genannt, die ihn 4 Goldgulden kostete.

Abgabemäßig weiter ging es mehr als 25 Jahre später im Jahr 1513 mit dem Meßkornverzeichniss der zugehörigen Bochumer Kirche, wobei für den gleichen Albert thor Alder Dorenberch 1 Scheffel Meßkorn anfielen. Im Jahr 1528 wird der Altendorneburgsche Hof mit 18 Maltersaat Größe (ca. 27 ha) registriert. Im gleichen Jahrhundert erinnern uns wiederum Steuerlisten an den Hof: aufgrund der bekannten Türkensteuerlisten (Finanzierung der Türkenkriege) musste Up der Altedorneburg im Jahr 1542 den Betrag von 1 ½ und Alte Dornenborg 1598 den Betrag von 3 Gulden zahlen.

Urkundlich bis 1587 war der Hof zu Eickel gehörig, im Jahr 1664 war jedoch Haus Grimberg der abgabe- und dienstpflichtige Grundherr. Belegt ist das durch das ebenfalls bekannte Feuerstättenverzeichnis von 1664, das für den Hof zwei Feuerstätten verzeichnete; eine davon benutzte der Leibzüchter (Altenteiler). Es ist unbekannt, wann im Zeitraum von über 75 Jahren der Übergang von einem zum anderen adeligen Grundherren erfolgt ist. Die Abgaben an das Haus Grimberg (Kornpacht) hatten sich erhöht. Zudem nahm der nunmehrige Grundherr das Holzrecht (für Bau-, Brenn- und Möbelholz) in der zum Allgemeingut gehörenden Riemker Mark selbst wahr, so dass Schulte-Altedorneburg nur noch seinen Bestand in seinen Ländereien dazu nutzen konnte.

Im Jahr 1684 erfolgte eine Vermessung / Abschätzung des Hofes, von der jedoch nur die Beschwerde Schulte-Altedorneburgs über den Verlust seines Markenrechts in der Riemker Mark bekannt ist.

Mitte des 18. Jahrhunderts (ca. 1750) hat das Hofgericht Eickel sein erstes Grundbuch (mit Hypothekenbuch) angelegt (heute: Amtsgericht Wanne-Eickel). Als Grundherr war nun der bürgerliche Kaufmann und Bürgermeister Johann Konrad Jacobi aus / von Bochum verzeichnet, dem Haus Grimberg einen Teil der jährlichen Abgaben des Hofes abgetreten hatte. Gleichwohl erhielt Haus Grimberg noch Abgaben und Dienste – auch für die Markengerechtigkeit in der Cranger Heide (Schaf- und Schweinebeweidung durch Schulte-Altedorneburg).

Am 24.12.1794 hat Johann Heinrich Schulte-Altedorneburg als Hoferbe von Johann Jacobi den Gewinnbrief (Pachtvertrag) erhalten. Von nun an sind die Daten differenzierter.

Im Jahr 1819 starb seine Frau Anna Catharina geborene Lindemann. Seine Kinder übertrugen ihrem Vater den ihnen zugefallenen Erbteil am Hof (1824).
Seine Kinder waren:

  1. die mit Engelbert Hülsmann gen. Craney aus Baukau verheiratete Anna Catharina,
  2. Johann Heinrich (27),
  3. Johann Dietrich (24),
  4. Anna Gertrud (23); sie heiratete später Heinrich Scharpwinkel von der Cranger Heide.
Hof Schulte-Altedorneburg, Ausschnitt aus der Hofackerkarte derÄmter Eickel und Wanne, 1902, Repro Stadtarchiv Herne

Nachdem die grundherrlichen Rechte abgelöst werden konnten, löste sie Johann Heinrich Ende 1821 mit 8000 Reichstalern ab und war nun selbst Grundherr / Eigentümer.

Die Nachbarhöfe in Eickel im Jahr 1823 (Übersichtshandriß) waren Beckebaum im Norden, Langebeckmann im Südwesten und Knop im Nordwesten. Hinzu kam Haus Dorneburg im Süden. 1827 verkaufte Johann Heinrich an der Grenze zu Holsterhausen 7 Scheffel Land an die dort wohnenden Kötter Heidkamp und Hülsmann, Hollermann, Abendroth und Wittkemper, womit auch diese Kötter Grundeigentümer wurden.

Im Jahr 1837 übergab Johann Heinrich sen. nach 43 Jahren – er war wohl ca. 63 Jahre alt und seit 18 Jahren Witwer – seinem ältesten Sohn mit gleichen Vornamen den Hof und setzte sich aufs Altenteil. Der unverheiratet gebliebene Sohn Dietrich erhielt lebenslanges Wohnrecht, Verpflegung und für seine Arbeit auf dem Hof den üblichen Knechtslohn. Bei Heirat würde er mit Geld und Sachbezügen einschließlich Brautwagen abgefunden. Ebenso wurden die beiden Töchter abgefunden.

Der Sohn Johann Heinrich heiratete Anna Maria Hülsmann. Ihre vier Kinder waren 1. Georg Dietrich Heinrich und 2. Anna Maria, später Ehefrau des Bauern Wilhelm Stratmann gen. Westermann in
Baukau sowie 3. Sofia Elisabeth, später Ehefrau des Bauern Friedrich Wiesmann gen. Horstmann in Schalke und 4. Anna Catharina, die unverheiratet blieb.

Nach 24 Jahren wurde der Hof im Sommer 1861 an den ältesten Sohn Heinrich notariell übertragen. Die verheirateten beiden Geschwister wurden je mit 1800 Talern abgefunden, die unverheiratete Catharina erhielt lebenslanges Wohn- und Verpflegungsrecht auf dem Hof sowie jährlich ein Viertel Leinen als weitere Sachleistung. Bei Heirat sollte sie 500 Taler erhalten. Aufgrund der Leibzuchtsbestimmungen (Altenteil) erhielt der Vater eine Stube unten und eine Kammer oben im Haus.

Heinrich heiratete Theodore Friederike Hülsmann. Ihre zwei Kinder waren 1. Anna (geb. 1861) und 2. Alwine (geb. 1863), die später den Bauern Wilhelm Vogelsang in Eickel heiratete. Nach dem Tod seiner Frau im Jahr 1865 fand er seine beiden Töchter 1866 mit jeweils 5335 Talern als mütterlichem Erbteil ab. In zweiter Ehe war Heinrich Schulte-Altedorneburg mit Lisette Koop (oder Knop (?)) aus Eickel verheiratet. Ihre sechs Kinder waren 1. Heinrich und 2. Wilhelm, 3. Friedrich und 4. Lina (geb. 1877), später Ehefrau von August Schulte-Kolkmann in Oberhausen, 5. Martha (geb. 1884) und 6. Emil (geb. 1888, 27 Jahre nach der erstgeborenen Stiefschwester Anna).

Ab 1883 wurden von Zeit zu Zeit bis 1898 innerhalb von 15 Jahren Flächen an die Bahn zwecks Erweiterung ihrer Anlagen verkauft. Ab 1891 bis 1904 wurden innerhalb von 13 Jahren mindestens 7 Hektar Land an die Zeche Shamrock 3/4 von 1890 veräußert. Nach dem Tod ihres Ehemannes Heinrich setzte Witwe Lisette mit ihren Kindern die Gütergemeinschaft des Hofes fort.

Zeche Schamrock 3-4, Postkarte, undatiert

Im Sommer 1905, 44 Jahre nach dem vorausgegangenen Erbfall, übertrug sie ihr gesamtes Vermögen ihrem zweiten Sohn Wilhelm per Vertrag. Als Abfindung erhielten seine Geschwister von ihm – auch vorweg – Geldleistungen. Seine Mutter Lisette erhielt Wohnung und Verpflegung bis zu ihrem Tod (Sommer 1909), die Geschwister Martha und Emil erhielten eine Heimstätte auf dem Hof bis zu ihrer Verheiratung oder bis zum 25. Lebensjahr (längstens bis 1913). Darüber hinaus sollten von Zeit zu Zeit Flächen des Hofes veräußert und der Erlös unter allen Geschwistern (Wilhelm erhielt ein Drittel) entsprechend verteilt werden.

Wilhelm Schulte-Altedorneburg heiratete Amalie Göddenhoff. Es ist bisher nicht bekannt, ob und wie viele Kinder das Ehepaar hatte und wann Wilhelm Schulte-Altedorneburg gestorben (oder im Ersten Weltkrieg gefallen) ist. Auch ist bisher unbekannt, wann Witwe Amalie verstorben ist.

Nach dem Verkauf der Restflächen des Hofes durch seine Witwe Amalie im Jahr 1918 endete dann die fast 770-jährige Geschichte dieses einstmals großen Hofes der bäuerlichen Geschichtsperiode, eines Hofes, der in der heimischen Bevölkerung nahezu vergessen ist.

2023 lebt ein Zweig der Familie Schulte-Altedorneburg auf dem ca. 1954 ererbten Heiermanns Hof an der Nordstraße 95 in Horsthausen an der Grenze zu Baukau.

Im Internet ist der Name Schulte-Altedorneburg mit einer Reihe von Berufszweigen mehrfach vertreten. Aus seiner früheren Abgeordnetentätigkeit weiß der Verfasser, dass die Familie Schulte-Altedorneburg zu regelmäßigen Familientreffen an unterschiedlichen Orten zusammenkommt.

Frank Sichau, August 2023

Quelle: Dr. Höfken, Zur Geschichte des Hofes Schulte-Altedorneburg (1150 – 1918)
von 1955; dort weitere Quellen – aufbewahrt im Stadtarchiv Herne